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Wie viel Lüge erträgt es in den sozialen Medien?

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08.02.2017
Persönlichkeitsrecht gilt auch in der digitalen Welt. Zunehmend wird gegen Übergriffe geklagt. Ein Urteil, das diesbezüglich wegweisend sein könnte, wurde in den März vertagt.

Shitstorms ziehen durch die sozialen Medien. Auf Facebook und Twitter wird Hetze gegen Minderheiten oder Personen betrieben, «falsche Wahrheiten» machen die Runde. Unbehelligt bleibt man dabei aber nicht; elektronische Kanäle sind kein gesetzloser Raum. Auch gegen Verleumdungen im Netz wird geklagt. Jüngst wurde beispielsweise bekannt, dass SVP-Nationalrat Andreas Glarner mindestens zehn Strafanträge gegen Diffamierung im Netz gestellt hat.

Ein möglicherweise wegweisendes Urteil wurde am 6. Februar in einem Verfahren gegen Facebook vertragt. In Deutschland verteidigt der Anwalt Chan-jo Jun den syrischen Flüchtling Anas Modamani, der eine einstweilige Verfügung gegen Facebook beantragt hat. Ein Selfie von Modamani mit Angela Merkel machte in Fotomontagen auf Facebook die Runde. Einmal wurde er dabei als einer der Attentäter von Brüssel, ein andermal als Beteiligter am Brandanschlag auf einen Obdachlosen beschuldigt. Die Nachricht wurde ein paar hundert Mal geteilt. Bei einer Fotomontage, die ihn mit Angela Merkel in Selfie-Pose vor dem zerstörten Berliner Weihnachtsmarkt zeigt, wird sein Recht auf das eigene Bild verletzt. Der mehrfachen Aufforderung die Posts und Bilder zu löschen, kam Facebook nicht nach.

Wer haftet?
Chan-jo Jun will erreichen, dass die Verleumdungen nicht mehr weiter auf Facebook verbreitet werden dürfen. Im Prozess geht es auch um die grundsätzliche Frage, ob und wann Facebook für strafbare fremde Inhalte haftet. Die Verhandlung vom Montag wurde nun vertagt. Facebook wolle ein europaweites Löschen der beanstandeten Bilder prüfen. Ein Urteil wird im März erwartet.

«Persönlichkeitsrecht gilt sowohl off- als auch online», erklärt Bruno Glaus, Rechtsanwalt und Spezialist für Medienrecht und Persönlichkeitsschutz. «Im aktuellen Fall geht es um Unterstellung, weil sein Bild in einem falschen und negativen Kontext wiedergegeben wurde.» Zwar gelte das Recht auch in der digitalen Welt. Die Schwierigkeit liege aber in seiner Durchsetzung, sagt Glaus. «Man hat es meist mit mächtigen Akteuren zu tun, die oft nicht gleich nachgeben.» Das verlange viel Energie und auch finanziellen Aufwand.

Urteil gegen Google
«Klärende Gerichtsentscheide sind wichtig, denn die Gerichtspraxis ist es, die auf neue Konstellationen reagiert», sagt Glaus und verweist auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen Google vor drei Jahren. Dieses war wegweisend für das Recht auf Vergessen im Internet.

Ein Spanier hatte gegen Google eine Beschwerde eingereicht, weil auch Jahre nach einer Zwangsversteigerung weiterhin zwei Zeitungsartikel bei einer Googlesuche unter seinem Namen erschienen. Der Europäische Gerichtshof entschied, dass nicht nur der Betreiber einer Website, sondern auch der Suchmaschinenbetreiber für Inhalte im Netz verantwortlich seien.

Nicola Mohler / reformiert.info / 8. Februar 2017

Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

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