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Kaum Thema für die Kirchen

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21.08.2017
Im September stimmt die Schweiz über die Rentenreform ab. Die Vorlage zur Sicherung der Altersvorsorge ist die wichtigste seit langem. Es geht um Werte wie Solidarität und Gerechtigkeit. Doch bei den Kirchen findet das Thema wenig Aufmerksamkeit.

1948 führte die Schweiz die AHV ein, eine epochale Errungenschaft gesellschaftlicher Solidarität. Am 24. September stimmen die Schweizerinnen und Schweizer einmal mehr über eine Rentenreform ab, welche die Altersvorsorge für die Zukunft sichern soll. Doch ausgerechnet zu einem der wichtigsten gesellschaftlichen Themen schweigen die Kirchen.

Während der Schweizerische Evangelische Kirchenbund SEK bei der Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform USR III mitredete, sagt er zur Rentenreform nichts. Das Engagement des Kirchenbundes im Rahmen der Abstimmung zur USR III sei als Reaktion auf eine entsprechende Motion von einer Mitgliedkirche zustande gekommen, betont Frank Mathwig, Beauftragter für Theologie und Ethik beim SEK. Zur Altersvorsorge habe es keinen solchen Vorstoss gegeben. Offensichtlich sei das Thema in den Mitgliedkirchen wenig präsent.

Starke Individualisierung
Allgemein stellt der theologische Ethiker eine schwindende Aufmerksamkeit für sozialethische Fragen fest. Heute sei von der langen Tradition der politischen theologischen Ethik in der Schweiz – etwa Ragaz, Barth, Brunner, Bieler – kaum noch etwas zu bemerken, so Mathwig. Diese Entwicklung spiegle «die Auswirkungen eines gesellschaftlichen Liberalismus mit seinen starken Individualisierungstendenzen sowie die allgemeinen ökonomischen Verhältnisse» wider.

Anders sieht es an der kirchlichen Basis aus. In der Diskussion um die Altersvorsorge gehe es um «grundlegende gesellschaftliche Werte», sagt die Theologin Béatrice Bowald, Co-Leiterin des Pfarramts für Industrie und Wirtschaft beider Basel. Die Frage nach der Generationen- und Geschlechtergerechtigkeit unter dem Stichwort «ein gutes Leben für alle» sei aktuell. Das müssten die Kirchen thematisieren.

Evangelische Frauen sagen Ja
Das haben die Evangelischen Frauen Schweiz EFS inzwischen getan. Nachdem bisherige Vorlagen zur Altersvorsorge nicht zuletzt an der Erhöhung des Rentenalters für Frauen scheiterten, fordern sie jetzt dazu auf, ein Ja in die Urne zu legen. Obwohl die Anpassung des Rentenalters nicht im Sinne der Frauen sei, «bringt dieses Reformpaket unter dem Strich für die Frauen dringend nötige Verbesserungen», insbesondere für Teilzeitarbeitende, so die Begründung.

Das Industriepfarramt und die Erwachsenenbildungen der reformierten Kirchen beider Basel stellen an einem Podium die Altersvorsorge auf den «Prüfstand». Die Abstimmungsvorlage sei kompliziert und kontrovers, meint Béatrice Bowald. Mit der Veranstaltung wolle man zum einen aufklären, zum andern über Solidarität und Gerechtigkeit diskutieren. «Wir wollen keine Hick-Hack-Debatte. Im Zentrum steht der Aspekt der Gerechtigkeit.»

Karin Müller, Kirchenbote, 18. August 2017

Stellungnahme der Evangelischen Frauen Schweiz
Podium «Altersvorsorge auf dem Prüfstand»

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