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«Ich hätte mich in Luther verliebt»

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14.07.2017
Die Münchner Autorin Asta Scheib stellt in ihrem Buch Katharina von Bora als selbstbewusste Frau vor, die ihrem Gatten Luther das Wasser reichen konnte. Die Heirat zwischen der Nonne und dem Mönch war zu seiner Zeit ein Skandal.

«Ich kann mir vorstellen, dass ich mich in Luther verliebt hätte», sagt Asta Scheib. Die Kraft und Schönheit seiner Sprache habe sie fasziniert. Auch die phantasievollen und zärtlichen Briefe an seine Frau seien unverwechselbar und zeitlos schön. Doch Luther konnte auch in seinen Briefen unberechenbar sein, äusserst sensibel und dann wieder ein grober Klotz. Das sei noch heute eine spannende Mischung, witzelt Asta Scheib.

Die Frau, die ihre Begeisterung für den Deutschen Reformatore zeigt, ist Autorin zahlreicher historischer Romane. Letztes Jahr erschien ihr Buch «Sturm in den Himmel» über Luthers Kindheit und Jugend. Zurzeit reist Asta Scheib auf einer Lesetour durch den deutschsprachigen Raum. An die Lesungen bringen die Besucher jedoch auch ein Buch zum Signieren, das Asta Scheib schon vor dreissig Jahren geschrieben hatte und das immer wieder neuverlegt wird. Ihr «Kinder des Ungehorsams». Auch junge Frauen erklärten ihr, mit welchem Interesse und Vergnügen sie den Roman über Luther und seine Frau gelesen haben, erzählt Asta Schweib.

Skandal: Ein Mönch und eine Nonne

In «Kinder des Ungehorsams» berichtet Asta Scheib über die Beziehung von Martin Luther und Katharina von Bora. Angefangen, als der rebellische Mönch den Nonnen bei der Flucht aus dem Kloster Nimbschen bei Grimma hilft, und dann Katharina nach längerem Zögern heiratet. Die Hochzeit zwischen dem ketzerischen Geistlichen und der entlaufenen Nonne empört die kirchliche Welt. Selbst Erasmus mokiert sich über die Heirat, entwickelt später jedoch Sympathie für Katharina.

Katharina von Bora zieht zu Luther ins ehemalige Augustinerkloster in Wittenberg ein. Zahlreiche Studenten leben bei ihnen. Katharina übernimmt die Leitung des grossen Haushalts, renoviert das baufällige Gebäude, bewirtschaftet den Garten, die Felder und die Brauerei und betreibt Viehzucht. In den Zeiten der Pest führt sie ein Hospiz, entwickelt sogar ein Rezept gegen die Pest, das sogenannte «Pestei».

Homestory aus der Zeit der Reformation

Asta Scheib schildert in «Kinder des Ungehorsams» das Leben im 16. Jahrhundert. Anschaulich skizziert die Autorin, die mehrfach Drehbücher für den Tatort geschrieben hat, die Szenen, so dass man sich bald bei Luthers zuhause fühlt. Sie führt durch deren Leben, lässt die Leserinnen und Leser an Luthers Tafel Platz nehmen und zeigt die Reformatoren aus der Perspektive ihrer Gattinnen. Ihre «Homestory» ist jedoch nie trivial oder bedeutungsschwanger. Scheib stellt die historischen Persönlichkeiten als Menschen dar, die mit den Schwierigkeiten des ausgehenden Mittelalters kämpfen. Ihr Alltag ist geprägt von Armut, Härte, Pest und Tod. Trotzdem bleibt Raum für Zärtlichkeiten, Zuneigung, Freude und kurze Momente des Glücks.

Wie ist es Katharina von Bora gelungen, mit dem groben und mürrischen Klotz Luther umzugehen? «Katharina war nicht verwöhnt», sagt Asta Scheib. Mit vier Jahren trat sie ins Kloster und musste dort viel Härte ertragen, mutterlos wie sie war. Für sie sei es nicht selbstverständlich gewesen, dass jemand mit ihr liebevoll und zärtlich umging, vermutet Asta Scheib. Katharina hatte genug «Courage», Luther notfalls zu widersprechen. Sie fürchtete die damals selbstverständliche Autorität der Männer nicht. Das brachte ihr einen schlechten Ruf ein, der bis heute nachklingt. «Sie war schon damals emanzipiert, ohne den Begriff zu kennen», sagt Asta Scheib.

Schläge und Gewalt in der Kindheit

Auch Martin Luther hatte in seinem Elternhaus viel Gewalt und «Schläge bis aufs Blut» erlebt. Das hat er in bitterer Klage überliefert. Beide, Katharina und Martin, hatten in ihrer Kindheit nicht viel Liebe erfahren. «Da haben sich zwei Menschen gefunden, die sich viel geben konnten», ist Scheib überzeugt. Luther habe sein Frau sehr geachtet, auch wenn er sie manchmal neckte. Überliefert ist zum Beispiel «mein Herr Käthe», mit der Luther seine Katharina aufzog. Doch Luthers Briefe zeugten davon, wie sehr der Reformator seine «Herr Käthe» schätzte.

Katharina von Bora war auch, was das geistige Leben betraf, Luther gewachsen, sagt Asta Scheib. Sie konnte Latein flüssig sprechen und lesen und stand dem Haus und dem Gesinde vor. Auch für heutige Ehen könnte das Paar Martin und Katharina ein Beispiel sein. «Ich denke, man kann von den beiden lernen, zusammenzustehen, auch wenn es einmal Konflikte gibt», so Asta Scheib.

Tilmann Zuber, kirchenbote-online.ch

Kinder des Ungehorsams, Asta Scheib, DTV Verlag, 17.90 Franken

Im Hinblick aufs Reformationsjubiläum sind einige historische Romane erschienen. Die Bücher bringen spannend und anschaulich die Epoche der Reformation nahe und entstauben die historischen Fakten. In der Sommerserie «Mit Luther am Strand» haben wir mit den Autorinnen und Autoren gesprochen.

 

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