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Meditieren mit Tieren

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22.08.2017
Die Botschaft des Franz von Assisi nachleben.

Schwester Theresia Raberger hat für ihren klösterlichen Weg den Orden der Franziskanerinnen gewählt. Sie will die Botschaft des Franz von Assisi nachleben. Der sprach bekanntlich mit den Tieren. Doch Theresias Weg führte zunächst über die Menschen. Während Jahren arbeitete sie in Innsbruck mit sogenannten «schwer erziehbaren» Jugendlichen in einem Heim. Später betreute sie nachts Drogenabhängige.

Seit 2005 lebt Schwester Theresia auf dem «Felsentor». Hier im Seminar- und Meditationszentrum am Rigi kümmert sie sich um die Tiere, die auf dem Gnadenhof leben. Frei flattern die Hühner herum, zufrieden suhlen sich die Schweine im Matsch und auf den Matten grasen die Schafe, Ziegen und Kühe.

Viele der Tiere haben ein trauriges Schicksal hinter sich und sind knapp dem Schlachthof entkommen. Etwa Anton, das Schwein. «Grill mich» hiess das Ferkel, das man einem Hochzeitspaar zum Fest schenkte. Das Paar brachte es nicht fertig, es am Spiess zu braten. So landete Anton auf dem «Felsentor». «Hausschweine sind intelligent und sensibel», erzählt Schwester Theresia. Wenn sie Anton streichelt, hat sie das Gefühl, dass «das Los aller leidenden Schweine, in ihm vorhanden ist».

Das «Felsentor» ist ein Zentrum für Zen-Buddhismus. Die Tiere sind Teil dieser Spiritualität. Oftmals meditieren die Besucher mit den Tieren. Schwester Theresia erlebt, wie Menschen durch die Vierbeiner den Weg zu Frieden und zu Gelassenheit finden. «Im Alltag plagen uns viele Gedanken, die wir nicht zur Seite schieben können.» Tiere leben im Augenblick, sie seien ganz da und spürten sofort, wenn mit dem Kopf woanders seien. Schwester Theresia macht die Erfahrung, dass die Anwesenheit der Tiere den Menschen gut tut: «Die Gäste kommen zur Ruhe und finden leichter ihre Mitte. Die Tiere lehren uns ein grösseres Bewusstsein, so wie es die Meditation tut.» Eine Frau aus Schweden besuchte regelmässig die Schafe und erklärte am Schluss, die Schafe hätten sie jetzt gesegnet.

Zerrissenheit

Die Massentierhaltung ist für die Tierschützerin ein Ausdruck tiefer Zerrissenheit. Trotz all unserer Gaben und unseres Verstands seien wir Menschen uns nicht bewusst, wie viel Leid wir einem Tier antun, wenn wir etwa ein Schnitzel essen. Diese Leichtigkeit und Unbekümmertheit, mit der wir anderen das Leben nehmen, tut uns nicht gut, ist Schwester Theresia überzeugt und zitiert Leo Tolstoi: «Solange es Schlachthöfe gibt, wird es auch Schlachtfelder geben.» Es gebe keine richtige Einheit und Spiritualität, solange man andere Lebewesen ausklammere. «Gott hat die ganze Schöpfung im Blick.» Die Franziskanerin erinnert an die biblische Paradiesgeschichte: Als der Mensch mit Gott vereint war, war er mit den Tieren verbunden. Nach dem Bruch mit Gott brach der Mensch auch mit den Tieren. «Wir gelangen nur ins Paradies, wenn wir uns mit den Tieren versöhnen.» Theresias grosser Wunsch ist es, dass «sich das menschliche Bewusstsein weitet und auch für alle Tiere ein Leben vor dem Tod möglich wird».

Tilmann Zuber, Kirchenbote, 22.8.2017

Buch: Theresia Raberger, Alles ist ein Leben, edition steinrich

www.felsentor.ch

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