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Hilfe für Flüchtlinge in schwierigem Umfeld

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23.01.2018
Mit ihrer rigiden Flüchtlingspolitik will die Regierung Orban Flüchtlinge aus dem Land vertreiben. Die reformierte Kirche Ungarns hilft diesen nur sehr zurückhaltend. Dora Kanizsai-Nagy engagiert sich für sie – innerhalb und ausserhalb der Kirche.

Als die EU im September 2015 beschloss, bis zu 120 000 Flüchtlinge auf die Mitgliedsländer zu verteilen, um damit Griechenland und Italien zu entlasten, regte sich vor allem in Osteuropa Widerstand. Seit diesem Zeitpunkt verfolgt die Orban-Regierung eine zunehmend rigidere Flüchtlingspolitik und wehrt sich, zusammen mit andern Staaten, gegen die Flüchtlingsquote, die sie als «Quotendiktat aus Brüssel» bezeichnet. Sie hat noch im selben Jahr die Grenzen abgeriegelt, einen 175 Kilometer langen Schutzzaun an der serbischen Grenze errichtet.

Innenpolitisch macht die Regierung Stimmung gegen Migranten. 2015 startete sie eine aufwändige Plakat-Kampagne mit ausländerfeindlichen Losungen. Seit der Charlie-Hebdo-Attacke in Paris behauptet sie, Einwanderung sei die Ursache für Terrorismus. Im selben Jahr wurden alle staatlichen Integrationsleistungen für Asylsuchende und anerkannte Flüchtlinge gestrichen.

Für die Flüchtlinge in Ungarn wird die Situation zunehmend schwieriger. Von seiten der ungarischen Kirchen erfahren sie im einwanderfeindlichen Umfeld wenig Unterstützung. Diese haben sich mit der Orban-Regierung arrangiert und halten mit Kritik am rigorosen Vorgehen gegen Flüchtlinge und Migranten zurück. Die offizielle reformierte Kirche (RKU) zog sich sogar eine zeitlang aus der Unterstützung zurück. Im Herbst 2015 aber hat die ungarische Synode in einer Stellungnahme die ungarische Öffentlichkeit zur Mässigung aufgerufen. Flüchtlinge sollten als Mitmenschen gesehen und behandelt werden.

Leben ohne Angst
Seither trägt Dora Kanizsai-Nagy sozusagen zwei Hüte. Einerseits ist sie nach wie vor Direktorin des Flüchtlingsdienstes der RKU. Anderseits steht sie der 2014 gegründeten Flüchtlingshilfeorganisation Kalunba vor. In ihr engagieren sich einige auf Migrationsarbeit spezialisierte Menschen, die früher Teil der kirchlichen Flüchtlingsabteilung waren. Sie haben nun die Flüchtlingshilfe in einer neuen Struktur wieder aufgebaut. «Wir möchten den Flüchtlingen und Migranten ermöglichen, in Ungarn zu leben, trotz der fremdenfeindlichen Stimmung. Diejenigen, die in Ungarn ein Zuhause finden müssen, sollen, egal woher sie kommen, ohne Angst im christlichen Europa leben können», sagt Dora Kanizsai-Nagy.

Kalunba hilft auf drei Ebenen. Zum einen sucht und vermittelt sie Wohnungen. Eine mittlerweile sehr schwierige Angelegenheit, da sich viele Vermieter weigern, Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Zum andern hilft Kalunba bei der Integration. Jugendlichen und Erwachsenen werden Ungarisch-Sprachkurse angeboten. Schliesslich werden Kinder und Jugendliche schulisch gefördert.

Angefeindet von der Familie
Dora Kanizsai-Nagy zahlt einen Preis für ihr Engagement. Die 36-jährige Flüchtlingshelferin aus Budapest bekommt inzwischen sogar in der eigenen Familie Unverständnis zu spüren. «Ich entstamme einer konservativen Familie. Meine Arbeit wurde früher von der Familie geschätzt. Seit die Regierung aber 2015 ihre Hetzkampagne gegen Ausländer gestartet hat, habe ich mir schon manch kritische Frage anhören müssen.»

Die RKU hat sich vor einem Jahr trotz kircheninterner Kritik dazu durchgerungen, wieder eine Flüchtlingsstelle einzurichten. Das Hilfswerk der evangelischen Kirche Schweiz (Heks) unterstützt die RKU im Rahmen eines vierjährigen Projekts. Kirchgemeinden und kirchliche Angestellte sollen für die Situation von Flüchtlingen und Menschen mit Migrationshintergrund sensibilisiert werden. Auch werden Sprachkurse für Flüchtlingskinder sowie deren Integration ins staatliche Schulsystem unterstützt.

Stefan Schneiter, reformiert.info, 23. Januar 2018

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