«Sei dich selbst»
Als ich 15 Jahre alt war, begann ich in Santiago de Bahia mit dem Modeln. Ich musste kämpfen, die Konkurrenz war stark. Alle Mädchen wollten zeigen, was sie können. Modeln bietet in Brasilien die Chance zum sozialen Aufstieg. Einige Brasilianerinnen laufen heute in den grossen Shows in Paris, Mailand und New York.
Ich fand mich als Jugendliche nicht schön. Ich dachte, ich sei so hässlich und habe mich geschämt. Ich bin schwarz. Als Farbige warst du damals in der Modebranche wenig gefragt. Models sollten aussehen wie Europäerinnen. Dieses Ideal bestimmte den Markt. Heute ist das Geschäft internationaler. Weisse, Farbige und Asiaten schreiten gemeinsam über den Catwalk. Gefragt sind neben der Schönheit Charakter, Einmaligkeit und Unverwechselbarkeit. Im Bezug auf den Körper sind die Agenturen toleranter geworden. Der Druck, dünn und mager zu sein, hat etwas abgenommen. Früher waren die Agenten unbarmherzig. Das Erste, was sie mir sagten, war, du bist zu dick und musst abnehmen – und dies, obwohl ich schlank war. Ich wollte unbedingt, dass mich die Agentur aufnahm, ass nur noch Salat und machte eine Diät. Geklappt hat es trotzdem nicht. Das Gewicht war nur ein Vorwand, ich war nicht ihr Typ, vermutlich war ich zu schwarz. Als 1997 das erste afrikanische Model auf dem Titelblatt von «Elle» erschien, änderte sich das. Ich war in Brasilien gefragt, Fotos von mir erschienen in der «Vogue» und «Marie Claire». Heute coache ich angehende Models. Ich zeige ihnen, wie sie mit ihrem Körper umgehen müssen, wie sie sich gesund ernähren und abnehmen können. Ja – was Schönheit ist? Schönheit kommt von innen. Man hat sie oder hat sie nicht. Ich rate den Mädchen, sich selber zu sein. Vertraut auf euch, versucht nicht etwas vorzugeben. Das ist das Wichtigste, dass man auf den Weg mitgeben kann. tz
«Sei dich selbst»