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Was ich zu sagen hätte

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25.06.2018
1.-August-Reden von jungen Erwachsenen.

Der Blick von aussen: Gemeinsam statt national

Der 1. August sagte mir eigentlich noch nie was, nicht als Nationalfeiertag jedenfalls. Als Kind freute ich mich auf das grosse Feuerwerk über der Reuss. Ich weiss noch, wie wir an der Holzbrücke standen und der dunkle Nachthimmel farbig leuchtete. Inzwischen kann ich kein Feuerwerk mehr sehen – die Augen machen bei den hellen Lichtern im Moment der Explosion nicht mehr mit, es ist laut und ich denke an andere Orten und Zeiten, an denen Knallen dieser Art ganz etwas anderes bedeutet und bedeutet hat.

Das führt mich an meinen heutigen Wohnort, ein Ort in Deutschland am Rhein. Hier gibt es zwar ständig irgendwo Feuerwerk, aber das Grösste findet dann doch am 31. Dezember jeden Jahres statt. Alle machen mit und wenn es nur die einfachsten Böller und kurzen Raketen sind. In einem anderen Jahr erlebte ich es mit von der anderen Seite des Rheins mit Blick auf die Stadt. Ich im Haus drin, die anderen draussen am Ufer. Ein wenig wollte ich dann doch sehen, aber sicher vom Fenster aus. Schon früh begann es mit den Lichtern und Knallern, eigentlich schon ein ordentliches Feuerwerk. Dann kam Mitternacht und die Welt explodierte. In diesem Moment dachte ich nur: «‹Wir sind immer noch da›, rufen die alle zusammen. ‹Was für eine Erleichterung, wir haben ein weiteres Jahr geschafft und das feiern wir.›» 

Ob am Rhein hüben und drüben oder an der Reuss, grosse Menschengruppen kommen zusammen, wir begehen diese Feiertage gemeinsam. Mit «gemeinsam» kann ich – anders als mit dem Nationalen– dann wieder viel anfangen. Vielleicht nicht beim Feuerwerk, da mach ich mein eigenes Ding, aber bei vielem Anderem. 

Anne-Sophie Tramer, Studentin

 

Wichtige Werte schützen: Grund zum Feiern

Ich bin gerne in den Bergen, ich mag Fondue, Raclette und natürlich Schokolade – all das gehört zur Schweiz und ist schön und gut. Ich finde unser Land aber nicht darum grossartig. Es sind die direkte Demokratie, die Neutralität, die Unabhängigkeit und die Sprachenvielfalt, welche die Schweiz zu dem machen, was sie heute ist. Das sollten wir nicht vergessen. Diese Werte sollten wir schützen und in einer globalisierten Welt verteidigen. Es ist wichtig, dass wir bei politischen Entscheiden immer abwägen, ob wir sie mit diesen Werten vereinbaren können. Ich finde, die Schweizer können stolz sein auf ihr Land und sollten selbstbewusster werden. Wir haben allen Grund, am 1. August die Gründung der Schweiz zu feiern. Wenn ich eine 1.-August-Rede halten müsste, wäre dies mein Thema. Für uns in der Schweiz ist vieles inzwischen so selbstverständlich, dass wir gar nicht auf die Idee kommen, es könnte anders sein.

Pavel Bürgler, Gymnasiast

 

Afghanistan in der Schweiz: Heimat in der Heimat

Was ich am 1. August sagen würde? Ich kann mir nicht vorstellen, eine Rede zu halten, weil das für mich ein Tag wie jeder andere ist. Der afghanische Nationalfeiertag ist mir noch unwichtiger. Ich empfinde die Schweiz als Heimat, ich spreche «Bärndütsch», bin hier geboren, aufgewachsen und in die Schule gegangen, hier habe ich meine Freunde. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Schweiz nicht meine Heimat ist. Wenn ich mit Schweizern diskutiere, fühle ich mich ab und zu nicht zugehörig, weil ich Unterschiede in der Mentalität feststelle. 

Das gleiche geschieht mir übrigens auch mit den Afghanen, hier vertrete ich oft westliche Ansichten. Es ist für mich immer ein Hin und Her. Manchmal geben dir die Schweizer das Gefühl, dass du nicht dazugehörst, aufgrund meines Aussehens und ich fürch-
te ihre Frage «Woher kommst du?». Ich habe in der Schweiz eine Heimat in der Heimat: Etwa das Haus, in dem ich mit meinen Eltern wohne. Diese Heimat ist afghanisch geprägt, aufgrund der Sprache, der Mentalität und Kultur, obwohl meine Eltern ziemlich assimiliert sind. Sobald ich das Haus verlasse, befinde ich mich in der «Schweiz an sich», hier gebe ich mich offener.

Meine Religion trennt mich etwas von der christlich geprägten Schweiz. Dies erlebe ich im Alltag oder an Partys, weil ich nicht trinke und beim Essen darauf achte, dass es «kei Schwiinigs» enthält. In den Gebetszeiten breche ich für ein paar Minuten aus dem Alltag aus. Auch die Kleidung ist ein Thema: Ich trage zwar kein Kopftuch, schaue aber trotzdem, dass das, was bedeckt sein sollte, bedeckt ist. Ich trage keine Hotpants und Tanktops. 

Ob Sie mich jetzt eher als Afghanin oder Schweizerin sehen, «isch mir ehrlich gseit ou glich».  

Narwan Nasar, Studentin

 

Werte in der Landwirtschaft: Mit behornten Weidekühen zurück ins Gleichgewicht

Das Thema meiner 1.-August-Rede wäre, dass unsere Landwirtschaft aus dem Gleichgewicht gekommen ist. Zwischen Direktzahlungen und Agrarfreihandel hat sie sich selbst verloren. Inmitten aller Diskussionen fehlt mir der Blick auf das grosse Ganze: Was muss der einzelne Bauer leisten? Aus möglichst viel Land mit riesigen Maschinen den höchstmöglichen Ertrag aus dem Boden pressen? Nein, eben nicht. Ziel muss es sein, mit der vorhandenen Sonnenenergie und den vom Boden gelieferten Nährstoffen einen optimalen Ertrag zu erzielen, der nachhaltig ein Einkommen sichert. 

Das tönt einfach und logisch, ist es in der Umsetzung aber nicht. Denn das bedingt einen geschlossenen Kreislauf und da beginnen die Schwierigkeiten: Pflanzenschutzmittel, synthetische Dünger oder zugekauftes Futter haben keinen Platz. – Wie setzt man dies um? Primär durch eine dem Standort angepasste Fruchtfolge, in der Kleegrasmischungen, mit denen man Stickstoff in den Boden bringt, eine wichtige Rolle spielen. Zur Nutzung des Graslands sind Kühe, Schafe oder Geissen unumgänglich. 

Die Wiederkäuer sind der Grundstein einer effizienten und nachhaltigen Landwirtschaft. Sie fressen für uns nicht verwertbares Gras und liefern nutzbare tierische Eiweisse und Dünger. Deshalb gehören sie weiterhin auf jeden Bauernhof. Nicht wie heute üblich in möglichst grosser Zahl, um dann enthornt im Stall brasilianisches Kraftfutter und bretonisches Heu zu fressen und den Milchmarkt zu überfluten, sondern stolz, behornt, grasfressend auf der Weide. Das würde den Kühen gut tun und das würde uns gut tun. Es wäre ein Schritt, die göttliche Schöpfung wieder mehr zu respek-tieren. 

Glenn Steiger, Biobauerlehrling

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