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«Altern ist ein Leben für Fortgeschrittene»

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18.02.2019
Er zählt zu den bekanntesten Medizinern im deutschen Fernsehen: Eckart von Hirschhausen. Der -51-jährige Kabarettist und Autor darüber, ob man Angst vor dem Alter haben muss.

Interview: Eckart von Hirschhausen

«Altern ist ein Leben für Fortgeschrittene»

Er zählt zu den bekanntesten
Medizinern im deutschen Fernsehen: Eckart von Hirschhausen. Der -51-jährige Kabarettist und Autor darüber, ob man Angst vor dem Alter haben muss. 

Bernd Wientjes

Herr von Hirschhausen, ab wann ist man denn alt? Mit 50, 60, 70 oder 80?

Eckart von Hirschhausen: Wenn man sich beim Schuhezubinden fragt: Was kann ich noch erledigen, wo ich schon mal hier unten bin (lacht). Nein, im Ernst, das ist eine sehr subjektive Wahrnehmung. Ich fühle mich zum Beispiel jünger als ich bin – zehn Jahre mindestens. Teile von mir, insbesondere die Knie, sind etwas vorgealtert, dafür habe ich ein beinahe kindliches Gemüt. Wir hören nicht auf zu spielen, weil wir älter werden. Wir werden alt, weil wir aufhören zu spielen!

Udo Jürgens sang einst «Mit 66 Jahren fängt das Leben an». Hat er recht gehabt oder ist dies ein Klischee?

Das lässt sich nicht an einer konkreten Zahl festmachen, aber in der Tat kommt in der zweiten Hälfte noch sehr viel Schönes. Glück und Zufriedenheit verlaufen bei vielen Menschen wie ein grosses U: Mit einer guten Portion Selbstüberschätzung geht man als Jugendlicher in die Welt raus. In der Mitte des Lebens kommt dann der Einsturz, viel Stress entsteht, weil man das verteidigen will, was man bis dahin erreicht hat. Danach tritt im besten Fall die Gelassenheit wieder ein. Wenn man diese U-Kurve kennt, kann man sich in der Lebensmitte bereits weniger Stress machen, weil man weiss, dass danach noch das Bonbon kommt.

Wie kann man sich aufs Altwerden vorbereiten?

Finden Sie nicht auch, dass in dieser Frage gleich etwas Angst vor dem Altwerden mitschwingt? Ich bin ja im vergangenen Jahr 50 geworden,  und plötzlich wurde mir klar: Es liegt weniger vor mir als hinter mir. Das war und ist für mich aber kein Grund, Angst vor dem Alter zu haben. Ein Problem hat man doch wirklich nur, wenn man nicht 50 wird! Um es klar zu sagen: Das Alter ist besser als sein Ruf! Die meisten Menschen sind mit 70 besser drauf als mit 17. Altern ist kein Abgesang – altern ist Leben für Fortgeschrittene.

Warum hat Alter überhaupt so einen schlechten Ruf? Warum haben Menschen Angst, alt zu werden?

Das Leben kann grausam und ungerecht sein. Es gibt Einsamkeit, schwere Schicksalsschläge und Krankheiten wie Krebs oder Demenz. Erstaunlicherweise bedeutet Krankheit aber nicht automatisch Unglücklichsein. Die Forschung zeigt, dass es Älteren oft gelingt, ihre Zufriedenheit von körperlichen Gebrechen loszukoppeln. Das nennt man «Wohlfühlparadoxon». Man setzt die Erwartungen nicht mehr so hoch, kann loslassen, wird gelassener.

Also ist Alter mehr als Siechtum, Treppenlift und wasserdichte Matratze. Wie kann man denn gesund alt werden?

Indem man alles weglässt, was es verkürzt! In meinem Liveprogramm «Endlich!» bringe ich es ganz einfach auf den Punkt: 15 Jahre unseres Lebens hängen am Lebensstil. Es gibt keine Tablette, keine Operation und erst recht keine Creme, die uns besser schützen als fünf ganz einfache Dinge des Alltags: nicht rauchen, sich bewegen, Gemüse, erwachsen werden und Kind bleiben. Und wen die Langfassung interessiert, Sie sind herzlich eingeladen, in mein Programm zu kommen!

Wer also gut lebt, der wird auch gut alt?

Zu einem guten Lebensstil gehört aber auch, dass man sich freuen sollte, wenn man bisher nicht gestorben ist. Die Tatsache, dass wir älter werden, ist doch etwas Fantastisches. Ich mag es einfach nicht, dass man das ständig nur als Hiobsbotschaft verkauft. Die Alternative ist, früh zu sterben – wer will das denn? Älter werden ist doch ein Traum der Menschheit gewesen. Wir leben im Schnitt 10, manchmal sogar 20 Jahre länger als die Generation unserer Grosseltern. Was hätten die dafür getan, so sicher und gut versorgt aufzuwachsen wie wir? Worüber beschweren wir uns?

Einige Ältere meinen ja, sie müssten die ewige Jugend konservieren, indem sie sich bewusst jugendlich geben. Ist ein 70-Jähriger, der
ein Basecap trägt und bis nachts in der Disco tanzt, hip oder peinlich?

Ich sage ja immer: Ich vermisse meine Jugend nicht. Ich kann noch alles wie früher, nur halt nicht mehr am selben Tag. (lacht) Ich war gerne 20. Und jetzt bin ich gerne 51. Ich persönlich finde es albern, wenn 70-Jährige mit tiefhängenden Jeans und Basecap rumlaufen. Ich bin froh, dass ich inzwischen weiss, dass ich nichts verpasse, wenn ich mir nicht bei lauter Musik die Nächte um die Ohren schlage. Mir ist wichtig, geistig fit zu bleiben. Es gibt eine wichtige Frage: Wann hast du das letzte Mal was zum ersten Mal gemacht? Das kann ein Lebensmotto werden, denn Neues hält uns wach. 

Interveiw: Bernd Wientjes, aus volksfreund.de. 18.2.2109

Buchtipp: Die bessere Hälfte. Eckart von Hirschhausen, Tobias Esch, Rowohlt

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