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«Saatgut soll in den Händen von Menschen liegen, die etwas Gutes daraus machen »

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24.02.2020
Die Frage, wie die Ernährung weltweit gerecht gesichert werden kann, sorgt für hitzige Diskussionen. Die diesjährige ökumenische Kampagne fordert, dass regionales Saatgut bewahrt werden muss und stellt die Agrarindustrie an den Pranger. Was meinen Fachleute dazu, etwa im landwirtschaftlichen Bildungszentrum Arenenberg.

Das Bildungs- und Beratungszentrum (BBZ) Arenenberg strahlt mit seinem Aus- und Weiterbildungsangebot und seiner Beratung für die Landwirtschaft über den Kanton Thurgau hinaus. Direktor Martin Huber beschäftigt sich tagtäglich mit dem Spannungsfeld, sowohl marktorientiert und profitabel als auch umweltschonend zu produzieren. Seit Anfang Jahr wird der BBZ-eigene Gutsbetrieb biologisch bewirtschaftet.

Das Anliegen der ökumenischen Kampagne der christlichen Hilfswerke «Brot für alle», «Fastenopfer» und «Partner sein» sehe man ganz praktisch, erklärt Huber: Es gehe darum, die kleingewerblichen Strukturen der Landwirtschaft zu stärken - zum Beispiel mit Selbsthilfeorganisationen oder landwirtschaftlichen Genossenschaften. Denn: «Funktionierende Familienbetriebe sind ein ernsthafter Wirtschaftsfaktor.» Damit nimmt er Inhalte der Kampagne auf, die bemängelt, dass Bäuerinnen und Bauern in vielen Regionen der Welt in der Konkurrenz zu globalen Saatgutkonzernen oft unterlegen seien.

Traditionell und regional arbeiten
Die Ökumenische Kampagne kritisiert, dass die Agrarindustrie die Produktion und den Handel an sich reisse. Lokale Bauern in Entwicklungsländern gerieten immer mehr unter Druck und könnten nicht mehr mit ihrem traditionellen Wissen und regionalen Saatgut arbeiten. Weiter heisst es: «Lokale, traditionelle Sorten sichern die Ernährung und sind wichtig, um der Klimakrise zu begegnen.» Aus biblischer Sicht sei Saatgut ein Geschenk Gottes, sagt Martin Huber Deshalb gelte es, dazu Sorge zu tragen. Als ehemaliger Präsident der Evangelischen Kirchgemeinde Langrickenbach-Birwinken kennt er diese Argumentation und ergänzt pragmatisch aufgrund seiner Lebens- und Berufserfahrung: «Saatgut ist eine Lebensgrundlage, die wir hüten müssen. Es soll in den Händen von Menschen liegen, die etwas Gutes daraus machen.» Deshalb wolle sein Unternehmen im Thurgau mit gutem Beispiel und Beratung vorangehen. Andererseits sei es sicher wichtig, Entwicklungsländern zu helfen, dass diese Lebensgrundlage erhalten bleibt.

Nicht einfach verteufeln
In der Schweiz stünden Hobbygärtner und Konsumentinnen gleichermassen in der Verantwortung - zum Beispiel mit ihrem konsequenten Lebensstil oder ihren Spenden für die Entwicklungszusammenarbeit. Indes differenziert Huber: «Auch alte und regionale Saatgutsorten sind anfällig. Es gab immer wieder Missernten. Die moderne Produktion hat auch Ertragssicherheit und Produktqualität gebracht.» Die Agrarindustrie könne nicht einfach verteufelt werden. Er sei jedoch zuversichtlich, dass zukunftssichernde Lösungen gefunden werden können, denn: «Die Landwirtschaft und die Nahrungsmittelproduktion sind Wirtschaftszweige, die einen Reiz für langfristig denkende Investoren haben.»

Roman Salzmann, kirchebote-online.ch, 24.2.2020

 

 

 

 

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