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Dem Virus digital begegnen

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24.03.2020
Wegen des Coronavirus steht das soziale Leben in der Schweiz praktisch still. Auch in den Kirchgemeinden dürfen keine Veranstaltungen mehr stattfinden. Gemeinden, die digital unterwegs sind, haben einen Vorteil.

Die Verordnung des Bundesrates zur Bekämpfung des Coronavirus ist klar: Vorerst dürfen schweizweit keine kirchlichen Veranstaltungen mehr stattfinden. Erlaubt bleiben lediglich Abdankungen im engsten familiären Kreis.

Gottesdienst zum Mithören
Für ältere Personen ist die aktuelle Situation besonders einschneidend. Einerseits kann das Coronavirus für sie speziell gravierende Folgen haben. Andererseits werden sie durch die Massnahmen von der Umwelt abgeschnitten. Gerade kirchliche Veranstaltungen sind für viele ältere Personen ein wichtiger Aspekt des sozialen Lebens. In einigen Thurgauer Kirchgemeinden kennt man aber schon mögliche Alternativen. So werden die Gottesdienste in Frauenfeld seit Jahren zum Mithören im Internet veröffentlicht. «Vor allem Seniorinnen und Senioren, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in die Kirche gehen können, hören sich die Gottesdienste online an», sagt Pfarrer Hansruedi Vetsch von der Evangelischen Kirchgemeinde Frauenfeld. 

Nur noch Pfarrer und Organist?
Die Zugriffszahlen zeigen, dass im Schnitt rund 40 Personen den kompletten Gottesdienst entweder in Echtzeit mithören oder später nachhören. «Einige von ihnen haben mir erzählt, dass sie sich durch das Anhören des lokalen Gottesdienstes ‹daheim› fühlen. Mit einer allgemeinen Predigt im Fernsehen oder Radio sei das nicht zu vergleichen», sagt Vetsch. Weil die Gottesdienste nun verboten sind, kann er sich vorstellen, die Gottesdienste ohne Kirchbürgerinnen und -bürger aufzuzeichnen: «Dann wären nur der Organist und die Pfarrperson in der Kirche und der Rest hört mit.»

Video-Zugriffe nehmen zu
Die Evangelische Kirchgemeinde Bischofszell-Hauptwil überträgt die Gottesdienste seit mehr als vier Jahren sogar als Echtzeit-Video im Internet. Die Bewohner des Alters- und Pflegeheims Sattelbogen können den Gottesdienst auf einem Fernsehkanal in ihrem Zimmer mitverfolgen. «Nach dem Ausbruch des Coronavirus sind die Besucherzahlen der Gottesdienste merklich zurückgegangen. Dafür stiegen die Zugriffe auf den Livestream an», sagt Kirchgemeindeschreiber Adrian Rüegger. Nun werde man natürlich noch stärker auf diese Möglichkeit aufmerksam machen. Genutzt worden sei der Livestream übrigens schon vor dem Coronavirus nicht nur von Senioren: «Ich kenne zum Beispiel Leute, die den Gottesdienst auf dem Skilift mitverfolgen.»

Ergänzung statt Ersatz
Parallel entwickelt die Kirchgemeinde Bischofszell-Hauptwil weitere Online-Massnahmen, um das kirchliche Leben und die Nächstenliebe praktisch im Alltag umzusetzen. So seien extra ein Facebook- und ein Instagram-Kanal eingerichtet worden. Adrian Rüegger ist froh, dass seine Kirchgemeinde auch dank des Livestreams in dieser schwierigen Situation eine Stütze sein kann für die Mitglieder. Er habe unterdessen bereits Anfragen aus anderen Kirchgemeinden erhalten, die sich für die Technik interessieren. Der 34-Jährige ist davon überzeugt, dass sich die Kirchgemeinden früher oder später in diese Richtung öffnen müssen. Trotzdem ist für ihn klar: «Die Gemeinschaft eines Gottesdienstes werden Live-Übertragungen nie ersetzen können. Sie sind aber eine sinnvolle Ergänzung. Gerade in Zeiten des Coronavirus.»


(Cyrill Rüegger, 24. März 2020)

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