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«Wir werden nicht drängen»

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14.05.2020
Während die katholische Kirche auf eine rasche Wiederaufnahme der Gottesdienste drängt, üben sich die Reformierten in Geduld. Die Pause soll auch dazu genutzt werden, Tradiertes zu überdenken, sagt ein Mitglied der kirchlichen Corona-Task-Force.

Läden und Schulen sind wieder offen. Gottesdienste dürfen aber nach wie vor keine gefeiert werden. Dies stösst dem Präsidenten der Schweizerischen Bischofskonferenz, Felix Gmür, sauer auf. In einem Brief hat er den Bundesrat Anfang Woche aufgefordert, ab Christi Himmelfahrt (21. Mai) oder spätestens ab Pfingsten (31. Mai) öffentliche Gottesdienste wieder zuzulassen. «Für Hunderttausende sind wöchentliche Gottesdienste ein existentielles Verlangen. Sie brauchen eine Perspektive», heisst es in der entsprechenden Medienmitteilung.

Das Bedürfnis nach einer Wiederaufnahme der Gottesdienste wachse auch auf reformierter Seite, bestätigt der Beauftragte für Recht und Gesellschaft bei der Evangelischen Kirche Schweiz, Simon Hofstetter. Er war wöchentlich in der Corona-Task-Force der EKS dabei und an der Entwicklung eines Schutzkonzepts für Gottesdienste beteiligt. Die Argumentation von Bischof Gmür könne er so gesehen gut nachvollziehen, schliesslich dürfe nicht die Schieflage entstehen, dass die Kirche mit ihrem Wirken in der Gesellschaft unterbewertet werde. Dass Tattoo-Studios Vorrang vor den Kirchen haben, sei aus gesellschaftspolitischer Sicht zugegeben nicht leicht zu verstehen.

Allerdings sagt Hofstetter auf Anfrage klipp und klar: «Die Eigeninteressen der Kirchen dürfen in dieser Frage nicht im Vordergrund stehen». So gehe es in erster Linie um den Schutz der Menschen vor einer Ansteckung und nicht um eine möglichst rasche Öffnung der Kirchenräume. «Klar würden wir gerne starten, drängen werden wir aber nicht.»

Pfarrpersonen mit roten Ohren
Das kirchliche Leben musste im Lockdown neu organisiert werden. Gerade die letzten Wochen hätten dank einer «eindrücklichen diakonischen und seelsorgerlichen Präsenz» die Breite des kirchlichen Wirkens gezeigt, so Hofstetter. «Es gibt Pfarrerinnen und Pfarrer, die schon rote Ohren haben vom Telefonieren», sagt er würdigend und augenzwinkernd zugleich. Dasein für die Schwachen bedeute auch, aktiv auf die Menschen zuzugehen. Der Gottesdienst der Zukunft werde auf jeden Fall zunächst anders aussehen als bisher. Hygiene und Mindestabstand verstehen sich von selbst.

Doch auch auf die Kasualien habe das neue Schutzkonzept der EKS Auswirkungen. «Jeder greifbare Kontakt muss vermieden werden», so Hofstetter. Das bedeute auch, von tradierten Formen Abstand zu nehmen. So habe sich zum Beispiel über die Jahrzehnte der Brauch entwickelt, dass der Pfarrer den Täufling im Arm hält und ihm mit einem Wasserzeichen über die Stirn fährt. Dies sei «schön und recht», theologisch aber nicht unbedingt notwendig.

Am 27. Mai entscheidet der Bundesrat über die dritte Etappe der Corona-Lockerungen. Diese umfasst Termine ab dem 8. Juni. Gottesdienste werden demnach frühestens am 14. Juni wieder stattfinden dürfen. Weil Auffahrt und Pfingsten dann schon vorbei sind, sei die Frage nach dem bezüglich Corona-Massnahmen heiklen Abendmahl nicht so dringend. Bis auf Weiteres soll darauf verzichtet werden.

Sandra Hohendahl-Tesch, reformiert.info

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