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Prostitution in Basel: Hinter der grünen Linie

von Silvana Pasquier
min
24.08.2020
Brigitte Horvath arbeitet bei der Projektstelle Seelsorge im Tabubereich (SiTa). Als Seelsorgerin ist sie unterwegs im Rotlichtmilieu in Basel-Stadt.

Für den Strassenstrich gibt es im Kleinbasel im Bereich Ochsen- und Webergasse eine «Toleranzzone». Diese Zone ist am Boden grün markiert. Die Frauen dürfen hier legal ihrer Arbeit im Sexgewerbe nachgehen. Hier ist Brigitte Horvath unterwegs. Seit 2019 arbeitet sie bei der SiTa, der Seelsorge im Tabubereich. Die Projektstelle wird seit 2016 von den Katholischen Kirche Basel-Stadt und Baselland gemeinsam betrieben. Brigitte Horvath hatte zuvor keinen Bezugspunkt zum Milieu der Sexarbeiterinnen. «Mir ist bewusst, wie weit mein normales Leben von einem Leben dieser Frauen entfernt ist», sagt sie.

Und doch ist sie in Basel für Frauen aus dem Milieu da. In Basel mit seiner überschaubaren Szene sei die Konkurrenz unter den Sexarbeiterinnen gross. «Es geht bei vielen der Frauen um das nackte wirtschaftliche Überleben.» Wenn man bereit sei, von Ungarn, Rumänien oder baltischen Staaten hierher zu kommen, dann macht man das nicht bloss aus Abenteuerlust. «Nur selten gibt es junge Frauen, die diese Arbeit ein stückweise als Lebenserfahrung sehen oder die sogar eine Ausbildung haben», weiss sie. 

Wenn Brigitte Horvath loszieht, arbeitet sie mit einer Sozialarbeiterin von Rahab, einer Institution der Heilsarmee, zusammen. Davor treffen sie sich zu einem Gebet in einer Kirche. Kraft tanken. Sie klingeln bei den Salons, stellen sich und ihr Gesprächsangebot vor. Manchmal sitzen sie mit den Frauen zusammen am Küchentisch. Es ist jedoch schwierig, in Räumen einen intimen Rahmen für Gespräche zu finden. Wenn doch, erzählen sie von ihrem harten Leben. «Unlängst war da eine Frau, die uns sagte, dass sie aussteigen möchte. Dann sind wir als Seelsorgerinnen gefragt, die zuhören.» Brigitte Horvath lädt die Frauen auch zu ökumenischen Segensfeiern ein, die in der Clarakirche stattfinden oder in einem Raum von Aliena, der Basler Beratungsstelle für Frauen im Sexgewerbe. 

Ständig neue «Angebote»

Viele Frauen, die im Sexgewerbe arbeiten, wissen: Sie gehören zu einer absoluten Randgruppe, tabuisiert als Frauen unter Frauen. Sie fühlen sich isoliert und einsam und können nur in ihren Kreisen über ihren Alltag reden. «Das ist langfristig für ihre psychische Verfassung sehr schlecht», sagt Horvath. 

Ständig müssen neue «Mädchen» her, um die Bedürfnisse von Männern zu befriedigen. Am Vortag hält ein Taxi vor einer Bar, zwei junge Frauen steigen aus, verschwinden mit ihren Koffern in den oberen Räumen der Bar. «Neue Frauen, deren Qualitäten dann auf Onlineportalen bewertet werden», erzählt die Theologin. Um diese Arbeit machen zu können, müssen sie sich innerlich «abspalten»: Da die Person, die mit ihrem Nickname Sexarbeit verrichtet, dort die private Person. Diejenigen, die diese Trennung nicht schaffen, können daran zugrunde gehen. Brigitte Horvath: «Wichtig ist uns, dass wir den Frauen auf Augenhöhe begegnen.» Sie möchten ihnen kleine Pausen ermöglichen vom Anschaffungsstress. Ihre Kollegin habe ein Team von Freiwilligen, die den Frauen Maniküre und Pediküre anbieten. Eine Art Wellness für die Frauen hinter der grünen Linie.

Vera Rüttimann, 24.69.2020, Kirchenbote

 

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