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«Die Schöpfung verkörpert ein Stück von Gottes Liebe zum Menschen»

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14.10.2020
Ein Ort der natürlichen Harmonie – das kommt der Vorstellung vom Garten Enden bereits recht nahe. Der Naturgärtner Daniel Mosimann weiss, wie solches zu bewerkstelligen ist.

Hecken, wie sie im Buche stehen – nur noch schöner, üppiger und vielfältiger, mit einzelnen Bäumen, darum herum einheimische Sträucher wie Liguster, Hundsrose, Wildkirsche, Hartriegel, Gemeiner Schneeball, Weissdorn, Schwarzdorn, dazu Kräuter und Stauden, zum Beispiel wilder Majoran und die Wiesenflockenblume, beschienen von einer milden Oktobersonne.

Zwischen den Hecken breiten sich Wiesen aus, winterfertig gemäht, aber nur zum Teil. In mehreren Längsstreifen überziehen ungemähte Partien die Flächen. Hier bleiben das Gras und die verdorrten Wildblumen über den Winter stehen, damit die Eier, Puppen und Larven von Insekten die kalte Jahreszeit überdauern können. Wer das Gelände abschreitet, sieht hin und wieder einen Haufen aus totem Holz oder Steinen, harmonisch eingefügt in das Landschaftsbild. Mitten in diesem naturnah gepflegten Garten Eden steht ein Bauernhaus, das Daniel Mosimann seit acht Jahren zusammen mit seiner Familie bewohnt.

Hochstämmer mit alten Apfelsorten
Mosimann ist Naturgärtner. Entsprechend bewirtschaftet er die sechs zu seinem Gehöft gehörenden Hektaren Land naturnah und ökologisch achtsam – sogar die Obstbäume entsprechen diesem Grundsatz. Es handelt sich um Hochstämmer mit 40 alten Apfelsorten von Pro Specie Rara, vereinzelt ragt auch der eine und andere abgestorbene Baum auf, als willkommene Wohnstätte für allerlei Tiere wie Insekten, Reptilien, Vögel, Nager und Fledermäuse.

Der Hof Enggist 40 in Biglen ist mehr als Mosimanns Zuhause – er ist auch seine Leidenschaft. Hier kann der Fachmann ausprobieren und vertiefen, was er beruflich bei seinen Kunden umsetzt. Und hier kann er zusammen mit seiner Familie ein Umfeld gestalten, das seiner Vorstellung von «gehegter und gepflegter Schöpfung» entspricht.

Daniel Mosimann ist gläubiger Christ und überzeugt, dass die Schöpfung ein Stück von Gottes Liebe zum Menschen verkörpert. «Wir sind alle aufgerufen, zu diesem Geschenk Sorge zu tragen und mitzuhelfen, die Vielfalt und Fülle zu bewahren», sagt er. Ein Beitrag dazu sei das Erstellen und Pflegen von naturnahen Gärten und ökologischen Ausgleichsflächen. Wobei der Begriff «naturnah» nicht zu verwechseln sei mit «einfach die Natur machen lassen»: Wolle man Vielfalt auf einer kleinen Fläche erzielen, müsse man mit der Natur zusammenarbeiten und sie in ihren Prozessen begleiten, zuwendungsvoll, engagiert und vor allem auch mit Sachkenntnis.

Gruss vom Grünsprecht
Sachkenntnis – das ist für Mosimann ein breit gefasster Begriff und umfasst nebst der Pflanzen- auch die Tierkunde. «Hören Sie, jetzt meldet sich der Grünspecht», sagt er. Und tatsächlich pfeilt ein paar Sekunden später der Vogel in elegantem Flug vorbei. «Und hier, das sieht wie ein Landschaden aus» – Mosimann deutet auf eine verdächtig aufgewühlte Stelle im Gras. «Ist es aber nicht; das kommt vom Dachs auf der Suche nach Engerlingen. Wenn hier im Frühling das Gras nicht so gut nachwächst, dient es den Wildbienen, die gerne im Boden nisten.» Wildbienen leisteten 60 Prozent der Bestäubungsarbeit, seien also noch wichtiger als die Honigbienen.

Auch den Wespen und Hornissen gewinnt Daniel Mosimann Gutes ab. «Die Wespen vertilgen eine grosse Zahl Insekten, darunter auch Mücken», erklärt er. Und doch werde seine Familie im Spätsommer von den Wespen nicht über Gebühr belästigt, denn in Schach gehalten würden sie auf seinem Anwesen von den Hornissen. Ein natürliches Gleichgewicht stelle sich aber nur ein, wenn man die Zusammenhänge zwischen Tier und Pflanze kenne, das Land entsprechend pflege und nicht immer alles zur selben Zeit mähe und jäte. Diese Aspekte seien leider auch Landschaftsgärtnern der Landwirtschaft noch viel zu wenig bekannt. Es sei sehr zu wünschen, dass sie künftig noch mehr in die Ausbildung einflössen, als es jetzt schon der Fall sei.

Gefragt: ein langer Atem
Mosimanns konsequent naturnahe Art zu wirtschaften zeigt deutliche Ergebnisse. So hat er im Sommer auf seinem Land innert zwei Stunden 642 Schmetterlinge von 20 Arten erfasst. 12 bis 14 Arten von Fledermäusen leben auf dem Areal, Feldhasen nisten, Rehe kommen zu Besuch, zahlreiche Vogelarten finden Nistplätze und Futter in Form von Samen und Insekten. Der Naturgärtner weiss, dass kommerziell bewirtschaftete Bauernhöfe andere Akzente setzen müssen, damit es ertragsmässig aufgeht. «Ich wünschte mir aber, dass doch wenigstens die ökologischen Ausgleichsflächen eine möglichst hohe Qualität aufweisen.» Das Aussäen einer beliebigen Blumenwiese, zum Beispiel einer Trockenwiese à la Walliser Steppe, bringe im Berner Mitteland wenig, weil hier die Insektenwelt eine andere sei.

Mosimann rät allen, die einen naturnahen Garten anlegen möchten, einen langen Atem. Bis aus einer Fettwiese eine standortgerechte Magerwiese entstanden sei, können etliche Jahrzehnte vergehen. Generell lasse sich die Natur nicht nach dem Willen des Menschen zwingen. Wer einen Steinhaufen für Eidechsen und Blindschleichen baue, warte womöglich jahrelang, bis sich ein Gast einfinde. «Es kann aber auch sein, dass die erste Eidechse bereits nach ein paar Stunden zwischen den Steinen hervorguckt», sagt der Naturgärtner.

Hans Herrmann, reformiert.info

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