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«Wir sind eine Art Notfallstation»

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28.12.2020
Lorenzo Scornaienchi ist einer von drei Hochschulseelsorgern der Universität Luzern. Gerade in Zeiten von Corona ist seine Arbeit nötiger denn je.

Seit Corona sind zahlreiche Büros verweist, auch jene der Universität Luzern. Home-Office steht auf der Tagesordnung, Vorlesungen finden via Zoom statt. Nur ein paar wenige Türen stehen noch offen, darunter jene der Hochschulseelsorge. Diese Präsenz ist einmalig und bewusst gewählt. «Wir möchten damit ein Zeichen setzen, dass wir auch in Corona-Zeiten für die Studenten da sind», sagt Lorenzo Scornaienchi, reformierter Hochschulseelsorger. «Quasi als eine Art Notfallstation.» Damit auch jeder diese Botschaft hört, hat er kürzlich einen Appell auf Facebook hochgeschaltet. Ein zusätzliches Video wird derzeit angedacht, um den Studenten mitzuteilen, dass sie jederzeit herzlich willkommen sind.

Ökumenisch betrieben
Die Universität Luzern gibt es seit zwanzig Jahren. Vor 14 Jahren kam die Hochschulseelsorge hinzu. Zwei Jesuiten und ein reformierter Pfarrer bilden das Team. Ein Haus, das «Leo 15», an der St.Leodegar-Strasse 15, steht für Veranstaltungen zur Verfügung. Getragen wird die Organisation von der katholischen und der reformierten Kirche. Die Miete und der Unterhalt für das Studentenhaus wird via Spenden durch den Förderverein Luzerner Hochschulseelsorge getragen.

Dieses Modell ist einmalig. Luzern ist schweizweit der einzige Ort, in dem Hochschulseelsorge ökumenisch betrieben wird, während in Zürich, Bern, Basel oder Freiburg jede Religionsgemeinschaft ihr eigenes Süppchen kocht. «Die Zusammenarbeit mit den katholischen Kollegen funktioniert sehr gut», sagt Lorenzo Scornaienchi. Letztens wurde er in eine Jesuitenkirche eingeladen, um eine Andacht zu halten. Vor hundert Jahren noch ein Ding der Unmöglichkeit – freilich seitens der katholischen Kirche.

Erfolg mit Offenbarung
Lorenzo Scornaienchi, 52, ist vor mehr als einem Jahr zur Hochschulseelsorge gestossen. Dort hält er ein 40-Prozent-Pensum. Er ist einer, der viele Hüte trägt – was seiner Arbeit zugutekommt. Ursprünglich stammt er aus Italien, studierte in Deutschland und ist im Kanton Zürich heute Pfarrer in Birmensdorf. Zusätzlich ist er Privatdozent für das Neue Testament in Erlangen. Sein Tatendrang ist spürbar. «Wir bieten alles an, was für Studierende interessant sein könnte, Diskussionsabende, Vorträge, Wanderungen.»

Vergangenes Jahr hielt er zwei Vorträge, einen zum Thema Utopien, den anderen unter dem Slogan Offenbarung. Besonders dieser Vortrag war auffallend gut besucht. «Ich habe das ganze Buch der Offenbarung zusammengefasst und mit Bildern, Powerpoint und Geschichten untermauert.» Das machte Eindruck. Denn unter den Zuhörern waren nicht nur Studenten, sondern auch deren Eltern. Das nächste Thema hat Lorenzo Scornaienchi auch schon im Kopf: FoodWaste.

Nähe zulassen in Zeiten der Distanz
Daneben betreut er Studenten, die mit den unterschiedlichsten Anliegen zu ihm kommen. In letzter Zeit beobachtet er, dass Studenten durch Corona zunehmend sozial abgeschnitten sind und darunter leiden. Viele Anfragen betreffen Schwierigkeiten im Studium und Blockaden. «Als Dozent kann ich Ratschläge dazu geben.» Erst letzten Frühling sei ein Student bei ihm gewesen, der kurz vor Ende des Studiums stand und nicht mehr weiter konnte. «Ich habe ihn über mehrere Monate begleitet. Schlussendlich hat er den Abschluss geschafft.»

Im persönlichen Gespräch oder via Zoom versucht Lorenzo Scornaienchi die Studenten abzuholen. Stellt er fest, dass die Probleme tiefer gehen, kann er Hilfesuchende an die Psychologische Fachstelle der Universität weiterleiten, mit der er gute Kontakte unterhält. Diese sei um einiges besser besucht als die Hochschulseelsorge. «Es gibt Zeiten, da ist ein Psychologe gefragter als ein Pfarrer», sagt er mit einem Augenzwinkern.

Reformierte Ideen weitergeben
Lorenzo Scornaienchi möchte jedochnicht nur Begleiter sein. Viele seiender Meinung, psychologische Betreuungreiche. «Doch für mich als Pfarrerist es wichtig, christliche und reformierteIdeen und Vorstellungen weiterzugeben.Gerade in einem Umfeld,in dem die Kirche nicht präsent ist.»Freilich ohne Zwangsmissionierung.

Hat ein Student eine religiöse Sozialisierung, gehört Beten vielfach zum Gespräch dazu. Wenn kein Zugang zur Religion da ist, fokussiert sich der Seelsorger allein auf die Probleme. «Für viele Studierende ist es egal, ob sie reformierte oder katholische Inhalte hören, sie brauchen einfach Hilfe und Anstösse.» Deshalb sei dieses ökumenische Angebot eine tolle Sache. «Ich verstehe Hochschulseelsorge als Dienst unserer Kirche an jedem, egal, ob er gläubig ist oder nicht. So sollte es doch sein.»

Carmen Schirm-Gasser

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