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«Religion und Sprache sind die Horte der Geborgenheit»

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27.08.2021
Weltweite Kirche: Brigitte Heckendorn und Fredi Hirt engagierten sich für die evangelischen Kirchen auf der Welt und die Migrationskirchen in der Schweiz. Hier sprechen sie über die Herausforderungen und die Erfolge.

Wer Fredi Hirt und Brigitte Heckendorn trifft, begegnet einem Stück Missionsgeschichte. Fredi Hirt wirkte Anfang der Neunzigerjahre am Aufbau des Pfarramtes für weltweite Kirche beider Basel mit und war bis Ende 2020 Mitglied der Amtspflege, in der sich auch Brigitte Heckendorn 15 Jahre lang engagierte. Der 79-Jährige und die 77-Jährige erlebten, wie sich die Beziehungen zu den Kirchen in der Welt in den letzten Jahrzehnten veränderten. Angefangen beim Aufbau der Landbau- und Holzfachschulen in Indonesien, den Fredi Hirt für die Basler Mission in den Siebzigerjahren leitete, bis zum Austausch der Landeskirche mit den Migrationskirchen in der Schweiz, den Brigitte Heckendorn als Präsidentin der Migrationskommission des Kirchenbundes förderte.

Sprache als Barriere
Brigitte Heckendorn unterrichtete in den Siebzigerjahren an der Schweizerschule in Bangkok. Das christliche Engagement zeigte sich im buddhistischen Thailand vor allem in den vielen christlichen Spitälern. Heckendorn schloss sich der Evangelischen Gemeinde Deutscher Sprache an und wurde damit selber Mitglied einer Migrationskirche. Zurück in der Heimat, traf sie wiederum auf Migrationskirchen.

In Basel und der Region gibt es rund 80 evangelische Gemeinden aus Asien, Afrika und Lateinamerika, die ihre Gottesdienste feiern. «Die weltweite Öffnung findet nicht in den Gottesdiensten statt», sagt Brigitte Heckendorn. Als grösste Barriere bei der Integration bezeichnet sie die Sprache. «Man besucht lieber einen Gottesdienst in seiner Muttersprache. Zumal unsere Gottesdienste sehr stark vom Wort geprägt sind. Warum soll man da hingehen, wo man nichts versteht?»

Heckendorn bezeichnet Religion und Sprache als die Horte der Geborgenheit. Das Ziel, dass die Migrantinnen und Migranten in den hiesigen Kirchgemeinden Fuss fassen, sei noch fern. Die Migrationskirchen bieten ein Stück Heimat. Dort pflegen die Mitglieder ihre Traditionen.

Vertrauen schaffen
Dennoch ist es gelungen, den Austausch zu intensivieren durch gemeinsame Gottesdienste und die theologische Ausbildung, die das Pfarramt für weltweite Kirche aufgebaut hat und die man an der Uni mit dem CAS «Interkulturelle Theologie und Migration » abschliessen kann. Die Leiter der Migrationskirchen sind Laien. In den Kursen setzen sie sich mit ihrem Kirchenverständnis und der reformierten Theologie auseinander und kommen ins Gespräch. «Die Ausbildung schafft Vertrauen, die Menschen öffnen sich und akzeptieren auch andere Lebensweisen », sagt Heckendorn. «Heute begegnen wir den Migrationskirchen wie den Partnerkirchen in Asien, Afrika und Lateinamerika auf Augenhöhe.»

Die Kirchen in diesen Ländern sind voll. Das Selbstbewusstsein dieser Christen sei so stark, dass manche das Gefühl hätten, sie müssten in Europa missionieren, damit sich die Kirchen auch bei uns wieder füllten, sagt Brigitte Heckendorn. In den ehemaligen Kolonien sind die Menschen durch die Mission zu Christen geworden. «Das Christentum entwickelte sich überall anders, entsprechend den vorhandenen Traditionen und dem Vorgehen der Missionare», erklären Heckendorn und Hirt.

Die neuen Kirchen sind heute selbstständig. Viele Projekte kamen auf ihre Initiative zustande. So baten etwa die indonesischen Kirchenführer die Basler Mission Mitte der Sechzigerjahre um Hilfe bei der Ausbildung von Handwerkern. Daraus entstanden die Landbau- und Holzfachschulen, die jungen Leuten bis heute eine praktische Berufslehre ermöglichen.

Frauen und Umwelt
Mittlerweile stehen andere Anliegen im Vordergrund wie Gesundheit und Frauenförderung. «Gesellschaftliche Veränderungen brauchen Zeit und Geld», sagt Fredi Hirt. Die heutige Hilfe aus der Schweiz besteht vor allem aus Anstossfinanzierungen für Projekte. Eine der grössten Herausforderungen für die Zukunft sieht Hirt im Umweltschutz und in den Auswirkungen des Klimawandels. Als er zum ersten Mal Borneo besuchte, war die Insel zu 80 Prozent von Urwald bedeckt. Heute schätzt Hirt den Anteil auf 20 Prozent. «Solange in Indonesien ein Liter Benzin billiger ist als ein Liter Wasser, setzt der Staat einen falschen Anreiz.» Die Bevölkerung unterstütze dies, da sie auf das Auto angewiesen ist. Initiativen wie das Aufforstungsprojekt «Eine Million Bäume für Borneo» des Deutschen Johannes Schwegler machten einen Anfang. Doch der Weg zum Erfolg sei lang.

Karin Müller

Lesen Sie auch das Interview mit Brigitte Heckendorn und Fredi Hirt auf Seite 66 des Jahresberichts 2020 der Kirche Baselland.

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