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Reformierte Frauen wollen Position von Schwangeren stärken

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29.10.2021
Es gibt kein Recht auf ein eigenes Kind: Das war für die Teilnehmerinnen der Frauenkonferenz klar. Ansonsten aber wollen sie sich einsetzen für Anliegen von Schwangeren und Müttern.

Eine Familie: «Das ist nicht einfach das Ideal von Mann, Frau und ihren Kindern. Schon in der Bibel gibt es diverse Familienzusammenstellungen», sagt Sabine Scheuter, Pfarrerin und Präsidentin der Frauenkonferenz der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS). Das sei am 25. Oktober in Bern klar geworden, wo es ums Thema «Kein Recht auf ein eigenes Kind?» ging.

An der Konferenz sei «sehr angeregt» diskutiert worden, hält Scheuter fest. Grundlage dafür bildete ein Referat und sieben Thesen der deutschen Publizistin, Theologin und Politologin Antje Schrupp. Von diesen Thesen ausgehend sollen nun Standpunkte der Frauen in eine Publikation der EKS einfliessen.

«Wenn diese dann vorliegt, vielleicht im Frühjahr, werden wir schauen, ob unsere Anliegen berücksichtigt wurden», sagt Sabine Scheuter. Würde das nicht der Fall sein, werde die Frauenkonferenz die Publikation eines eigenen Positionspapiers in Betracht ziehen.

Christliche Grundsätze sind wichtig
Wichtig waren den Frauen als christliche Grundsätze, dass die Würde, Freiheit sowie der Schutz und das Wohl des Kindes gewährt sind. Und unter den Beteiligten von Familien sollen möglichst gerechte Beziehungen bestehen.

Unumstritten war an der Konferenz gemäss Sabine Scheuter die erste These von Antje Schrupp: Es gibt kein Recht auf ein eigenes Kind. Auch Kinderlosigkeit soll als normal anerkannt und gesellschaftlich akzeptiert werden. Und auch zur fünften These habe es keine Diskussion gegeben: Reproduktionstechnologien müssen kritisch evaluiert werden.

Hingegen wurde die zweite These intensiv diskutiert: Verantwortliche Vaterschaft oder Co-Elternschaft sei zu fördern und sozial abzusichern. Für Antje Schrupp soll der biologische Vater nicht zwingend ein Recht haben, Verantwortung für das Kind übernehmen zu können, falls die Schwangere das nicht will. Vielmehr sei die sozial beteiligte Co-Elternschaft zu fördern.

Eine eher krasse These
Konkret: Wenn sich zum Beispiel ein Paar während der Schwangerschaft trennt und das Kind dann weniger zum biologischen Vater als zu einer anderen Person neben der gebärenden eine Beziehung aufbaut, soll der biologische Vater zugunsten der sozial näheren Begleitperson auf Rechte verzichten – sofern die Mutter das wünscht. «Das war für viele von uns schon eher krass. Diese These stiess also insgesamt in ihrer Zuspitzung nicht auf Zustimmung», hält Scheuter fest.

Wiederum breite Zustimmung gab es für die These, dass Schwangere und potenziell Schwangere ein Recht auf körperliche Selbstbestimmung hätten. Niemand soll zum Austragen eines Kindes gezwungen werden und niemand daran gehindert. «Antje Schrupp führte uns auch vor, wie das Denken nach wie vor vom Patriarchat geprägt ist», sagt Sabine Scheuter. So werde immer vom männlichen Samen gesprochen, wie wenn der ganze Mensch aus diesem hervorginge. «Dabei hat das Sperma eher die Funktion von Pollen: Erst zusammen mit der empfangenden Person entsteht der ganze Mensch.»

Ist kommerziell nur negativ?
Dass eine Schwangere berechtigt, aber nicht verpflichtet sein soll, nach der Geburt die Sorge für das Kind zu übernehmen, wurde an der Frauenkonferenz kritisch diskutiert. «Diese These warf bei uns vor allem die Frage nach der möglichen Ausbeutung von Frauen auf», sagt Scheuter. Das habe Antje Schrupp auch bestätigt.

Zugleich habe sie den Anwesenden den Blick zu weiten vermocht mit der Ansicht, dass eine Leihmutter bis acht Wochen nach der Geburt entscheiden können sollte, ob sie selbst für das Kind sorgen will. «Und sie hat uns geholfen zu hinterfragen, ob der kommerzielle Aspekt einer Leihmutterschaft bloss negativ ist.»

Kein Recht auf Auskunft über Vater?
Kinder sollten die Möglichkeit haben, ihre biologischen Wurzeln zu kennen: «Diese Haltung erhielt an der Frauenkonferenz eine sehr grosse Zustimmung», hält Sabine Scheuter fest. Ob sie auch das unbedingte Recht darauf hätten, etwa über Sexualpartner der Mutter Bescheid zu erhalten, sei «kontrovers» diskutiert worden. Schrupp schlägt vor, dass Kinder nicht Auskunft über das intime Leben ihrer Mutter oder gebärenden Person verlangen dürften.

Leihmütter und Eizellverkäuferinnen werden auch ausgebeutet: Das ist eine Tatsache, die bekämpft werden muss. Zu dieser Forderung waren sich die Frauen in Bern weitgehend einig. Wie genau das geschehen könnte, wurde gemäss Sabine Scheuter angeregt diskutiert. Dass es nicht einfach Pro und Contra gebe und reproduktionstechnologische Optionen nicht pauschal verurteilt werden dürfen, wie Schrupp es fordert, habe ebenfalls Zustimmung gefunden.

Marius Schären, reformiert.info

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