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«Wir brauchen ein Hospiz in Schaffhausen»

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25.11.2021
Im Hospiz Schönbühl darf man gut umsorgt sterben. Nach zwei Jahren Pilotbetrieb steht der politische Entscheid an, ob der Betrieb weitergeht.

Im Aufenthaltsraum hängt ein gewundener Ast. Er trägt bunt gestaltete Schmetterlinge mit Namen darauf. «Wir haben den Schmetterling als neutrales Symbol gewählt, um ein Abschiedsritual zu gestalten», sagt Beat Frefel. Der reformierte Pfarrer arbeitet als Seelsorger im Hospiz zusammen mit seinem katholischen Kollegen Ingo Bäcker. «Die Angehörigen haben die Möglichkeit, einen Schmetterling zu gestalten und ihn hier aufzuhängen, um an ihre Verstorbenen zu erinnern.» Der Schmetterling symbolisiert den Übergang in das ewige Leben.

Seit zwei Jahren begleitet das Hospizteam Menschen, die sich in der Endphase einer unheilbaren Krankheit befinden, durch Palliative Care. Das Ziel von Palliative Care ist es, den Patienten bis zum Tod eine möglichst gute Lebensqualität zu ermöglichen. Neben körperlichen stehen dabei auch soziale, seelisch-geistige und religiös-spirituelle Bedürfnisse im Zentrum. Ein spezialisiertes Team von Ärzten, Pflegefachpersonen, Therapeuten, Psychologen und Seelsorgern kümmert sich um die Patienten und ihre Angehörigen.

Über das Leben sprechen
Die Atmosphäre ist friedlich und familiär. «Im Hospiz besteht beim Sterben kein Zeitdruck. Es geschieht dann, wenn die Natur es vorsieht», sagt Marcus Pohl, Leiter Betreuung und Pflege im Kompetenzzentrum Schönbühl.

Als «besonderen Ort» bezeichnet Beat Frefel das Hospiz: «Manche Patienten strahlen eine gewisse Ruhe aus, weil sie schon einen Weg hinter sich haben. Die Patienten wissen, dass ihr Leben zu Ende geht, und haben diesen Ort bewusst gewählt, um gut umsorgt sterben zu können.» Für den Seelsorger bedeutet das, sich rasch auf die Menschen einzulassen, aber auch schnell wieder loslassen zu können: «Manchmal weiss ich, dass ich jemanden nicht mehr wiedersehe, wenn ich mich verabschiede. Das fällt nicht immer leicht. Ich bringe diese Abschiede deshalb im Gebet vor Gott.»

Der Pfarrer beschreibt die Seelsorge als ungezwungenes Angebot: «Ich stelle mich den Patienten vor und höre erst einmal zu. Manche freuen sich über ein Gespräch, andere haben kein Bedürfnis danach.» In den Gesprächen geht es vor allem um das Leben: «Die Patienten haben noch eine Zeit zu leben, und das steht im Vordergrund. » Frefel schätzt die Teamarbeit im Hospiz: «Mich beeindruckt, mit wie viel Herzblut und Fachkompetenz hier alle arbeiten, besonders das Pflegepersonal, das rund um die Uhr auf die Bedürfnisse der Patienten und ihrer Angehörigen eingeht.» Selbst letzte Wünsche werden erfüllt. «Einen letzten Hochzeitstag oder Geburtstag feiern, noch einmal im Restaurant essen oder nach draussen gehen, hier ist alles möglich», erzählt Frefel. Das Hospiz übernehme eine wichtige Aufgabe, indem es die Angehörigen entlaste. Sie können da sein, wann immer sie wollen, Gespräche führen, Abschied nehmen. Das hilft später, um die Trauer zu verarbeiten.

Betrieb nicht kostendeckend
Für das Hospiz hat diesen September das dritte und letzte Jahr der Pilotphase begonnen, die der Kantonsrat vor zwei Jahren bewilligt hat. Zu Beginn standen zwei Betten zur Verfügung, seit Januar sind es drei. Nach einer Startphase mit hoher Auslastung kam es im März 2020 durch die Corona- Pandemie zu einem Einbruch. «Es hat gedauert, bis die Bevölkerung wieder die Sicherheit gefunden hat, dass man bei uns rund um die Uhr Zutritt hat. Durch die rückläufigen Spitaleintritte und Operationen ging das Hospiz etwas vergessen», erzählt Marcus Pohl. Die meisten Patienten finden den Weg ins Hospiz über die Spitäler Schaffhausen oder den spitalexternen Pflegedienst der Krebsliga SEOP. Das Durchschnittsalter der Patienten liegt bei 70 Jahren, sie verweilen in der Regel 14 bis 20 Tage im Hospiz.

Heute liegt die Auslastung der drei Betten bei 89 Prozent. Es existiert eine Warteliste, jährlich sind es vierzig bis sechzig Patienten aus der Region, für die ein Eintritt in Frage kommt. Im kommenden Frühling steht der politische Entscheid an, ob das Hospiz zur dauerhaften Einrichtung wird. «Es braucht ein Hospiz in Schaffhausen. Der Bedarf ist ausgewiesen und die Akzeptanz in der Bevölkerung gross», sagt Pohl. Was fehlt, ist eine tragfähige Finanzierung, denn ein Hospiz ist aufwendig. Noch ist der Betrieb nicht kostendeckend: «Das Hospiz erfüllt einen Auftrag für die gesamte Gesellschaft. Es soll für alle Patienten zugänglich sein, die diese spezialisierte Pflege am Lebensende benötigen.»

Adriana Di Cesare

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