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Patenschaft ist eine Herzenssache

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25.04.2022
Götti und Gotte begleiten einen über Jahre hinweg. Ursprünglich sollten sie die Täuflinge in den christlichen Glauben weisen. Heute schenken sie Zeit und Geld.

Die meisten haben sie seit ihrer Taufe an ihrer Seite: den Götti und die Gotte. Doch den wenigsten ist bewusst, wie sehr dieses Amt mit der Kirchengeschichte und dem christlichen Glauben verbunden ist. Die Paten spielten über Jahrhunderte eine wichtige Rolle in der christlichen Unterweisung. Schon der Kirchenschriftsteller Tertullian erwähnt im 2. Jahrhundert, wie Paten den erwachsenen Taufbewerbern bei der Taufe beistehen, für die Ernsthaftigkeit des Taufbegehrens bürgen und die Täuflinge in der christlichen Erziehung begleiten. Das Wort «Pate» stammt vom lateinischen «pater spiritualis», dem geistlichen Mitvater.

In Bezug auf die Kirche und die christliche Erziehung hat sich an dieser Aufgabe wenig geändert, auch wenn heute die Pfarrerinnen und Pfarrer das Taufversprechen der Eltern und der Paten offen formulieren. Selbst Familien, die aus der Kirche ausgetreten sind, wählen nach wie vor Paten für ihre Kleinen. Es scheint, Götti und Gotte gehören zu Kindern, auch in einer säkularen Welt. Im Laufe der Jahrhunderte übernahm das Patenamt eine soziale Funktion. In der Vergangenheit wurde der Gevatter, wie die Paten damals hiessen, im Hinblick auf die finanzielle Situation der Familie gewählt. Der Götti sollte als Versorger im Fall einspringen, dass die Kinder zu Waisen wurden oder die Eltern finanziell verarmten. Der Gevatter übernahm dann die Vormundschaft.

Heute spielt dies keine Rolle mehr. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) bestimmt, wo die Kinder im Todesfall der Eltern oder bei Schwierigkeiten unterkommen. Aus der Patenschaft ergeben sich heute keinerlei rechtliche Verpflichtungen oder Ansprüche.

Zeit und Fantasie

Selbst wenn das Patenamt eine lange kirchliche Tradition hat, gibt es nur wenige Experten dazu. Beat Urech, heute pensionierter Bereichsleiter Pädagogik und Animation bei der Reformierten Landeskirche Aargau, ist einer von ihnen. In seinem Sabbatjahr hat er sich intensiv in die Thematik vertieft. Selbst dreifacher Götti, meint Beat Urech zur Zeitschrift «horizonte»: «Zeit und Fantasie, das sind die beiden wesentlichen Aufgaben, die es braucht, um die Beziehung zu seinem Patenkind zu gestalten, damit eine besondere, nachhaltige Beziehung entsteht.» Klar beruhe dies auf Gegenseitigkeit.

Ab einem gewissen Alter gestalte das Patenkind die Beziehung mit. Klar sei, dass die Beziehung zwischen Pate oder Patin und Patenkind von der Begegnung und dem Austausch lebt. «Es lohnt sich, die Anfrage für eine Patenschaft gut zu überdenken», empfiehlt Beat Urech. Der Götti-Experte empfiehlt, mit den Eltern die gegenseitigen Erwartungen an die Gestaltung der Patenschaft zu klären. Dies könne Enttäuschungen vorbeugen. Immer wieder werde er gefragt, ob es auch möglich sei, einen neuen Paten oder eine neue Patin zu wählen. Dies sei grundsätzlich machbar, genauso wie die Möglichkeit, dass das Kind einen zusätzlichen Götti oder eine zusätzliche Gotte wählt. Dass jemand eine Anfrage für eine Patenschaft ablehnt, erachtet Beat Urech als typisch für die heutige Zeit. «Die Leute machen sich heute deutlich mehr Gedanken zur Patenschaft als früher. Und sie sind sich dessen bewusst, dass dieses Ehrenamt mit Erwartungen verbunden ist.»

«Wenn die Beziehung stimmt, hält der Kontakt auch später an»

Ein Verfalldatum hat eine Patenschaft ebenfalls nicht, auch wenn in den Köpfen aus althergebrachter Zeit noch die Idee verankert ist, dass die Beziehung mit der Volljährigkeit endet. «Sachlich gib es keine stichhaltige Begründung dafür, dass eine Patenschaft mit dem Erreichen der Mündigkeit der Kinder fertig ist», meint Beat Urech. «Wenn die Beziehung stimmt, hält der Kontakt oft auch später an.»

 Andreas C. Müller / Tilmann Zuber, 25.4.2022, Kirchenbote

 

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