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So können Zöliakiebetroffene trotzdem feiern

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24.05.2022
Glutenfreies Brot ist in der katholischen Kirche nicht zugelassen. In der reformierten können die Gemeinden selbst bestimmen, welche Regelungen sie anwenden.

Bauchschmerzen, Durchfall bis hin zu depressiven Verstimmungen: Das sind die Folgen, mit denen Menschen zu kämpfen haben, die an Zöliakie erkrankt sind. Elisabeth Galley aus Nussbaumen bei Baden kennt das. Nimmt sie an einem Gottesdienst teil, verzichtet sie aufs Brot.

Etwa eine von 100 Personen in der Schweiz ist von dieser lebenslangen, chronisch entzündlichen Autoimmunerkrankung betroffen. Die Personen müssen ein Leben lang auf alle Produkte verzichten, die Gluten enthalten. Das Klebereiweiss kommt in vielen Getreidesorten vor und verursacht Entzündungen im Dünndarm. Der Körper nimmt so zu wenige Nährstoffe auf. Bei Kindern kann das sogar zu Wachstumsstörungen führen.

«Es dauert bei Männern im Schnitt fast fünfeinhalb und bei Frauen acht Jahre, bis eine Zöliakie diagnostiziert wird», sagt Vivien Wassermann. Die Leiterin des Ressorts Medien bei der IG Zöliakie der Deutschschweiz hat eine Tochter, die an Zöliakie leidet. «Die Symptome sind oft nicht eindeutig und werden nicht immer auf Anhieb einer Glutenunverträglichkeit zugeschrieben.» Auch sind sie von Mensch zu Mensch verschieden. «Nicht alle bekommen Bauchschmerzen», sagt sie.

Weizenbrot ist biblisch «korrekt»
Was also tun, damit auch Zöliakie-Betroffene am Abendmahl teilnehmen können? Die reformierten Kirchen verwenden nebst Traubensaft meist Weizenbrot. Das ist biblisch «korrekt», da Jesus und seine Jünger beim letzten Abendmahl aller Wahrscheinlichkeit nach Weizen- oder Gerstenbrot assen.

Betroffene sollten sich nicht scheuen, das Gespräch mit den Seelsorgenden ihrer Gemeinde oder Pfarrei zu suchen, rät die IG Zöliakie in ihrem Informationsfaltblatt, das sie zusammen mit der katholischen Kirche herausgegeben hat. Anders als bei den Katholiken, die an der Eucharistiefeier Weizenbrot in Form von Hostien reichen, steht es den reformierten Kirchgemeinden frei, welche Regelungen sie diesbezüglich treffen.

Eine Umfrage unter zufällig gewählten Dekaninnen und Dekanen zeigt, dass das Thema zwar bekannt ist, Betroffene sich bisher aber nur selten gemeldet haben. «Ich empfehle diesen jeweils, dass sie ihr eigenes Brot mitnehmen und auch den Einzelkelch benützen», sagt etwa Pfarrerin Esther Cartwright, Dekanin des Bezirks Winterthur. Denn selbst im Wein oder Traubensaft könnten Weizenteilchen vorkommen. Pfarrpersonen, die das glutenfreie Brot oder etwa Reiswaffeln bereitstellen, müssen sich die Hände waschen, wenn sie vorher Weizenbrot berührt haben.

«Glutenfrei» ist nur glutenarm
Pfarrerin Barbara Oberholzer, Dekanin des Bezirks Zürich, bietet glutenfreie Oblaten an. Die Hostien sind zwar mit dem offiziellen glutenfrei-Symbol ausgezeichnet. Trotzdem enthalten sie Minimalmengen, die aber unter einem Grenzwert von 20ppm (20 Miligramm pro Kilogramm) liegen und auch aus ärztlicher Sicht eingenommen werden können.

Damit seien zwar die Maximalanforderungen der katholischen Kirche nicht zu 100 Prozent erfüllt, sagt Arnold Landtwing, Informationsbeauftragter für die Bistumsregion Zürich und Glarus. «Denn es existiert derzeit kein Verfahren, mit dem absolut glutenfreie Hostien produziert werden können.» Aber die Lösung mit den glutenarmen Hostien komme beiden Seiten entgegen. Notfalls können Katholiken die Kommunion auch nur in Gestalt des Weines empfangen.

Nur aus Wasser und Weizenmehl
Das katholische Kirchenrecht regelt genau, wie das Brot für die Eucharistiefeier beschaffen sein muss. Es darf nur aus Wasser und reinem Weizenmehl bestehen, also keine Zusatzstoffe enthalten. In einem Rundbrief hat die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramente zuletzt 2017 die Bischöfe daran erinnert, auf die Qualität der Hostien und des Weins, beziehungsweise des Traubensafts, zu achten. Einer der Hintergründe sei, dass in Souvenirshops, Supermärkten und Onlineshops zunehmend Hostien auftauchten, sagt Landtwing.

In der Pfarrei St. Martin in Effretikon hat Gemeindeleiterin Monika Schmid keine glutenfreien Hostien auf Vorrat, wie sie sagt: «Manchmal ist das ein Thema, dann wieder lange nicht.» Doch wenn etwa ein Kind, das die Erstkommunion erhält, eine glutenfreie Hostie braucht, «dann bestellen wir sie». In der Schweiz stellen die Schwestern des Klosters Hermetschwil seit 1082 herkömmliche Hostien her. Die glutenfreie Variante entsteht in Polen, das Kloster vertreibt sie nur.   

Nadja Ehrbar, reformiert.info

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