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Immobilienleitbild kommt ins Parlament

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31.05.2022
Die neuen Regelungen der Kirchgemeinde Zürich gehen in die Synode. Wie eine Mitgliederumfrage zeigt, gibt es auch in Zukunft noch heikle Fragen zu klären.

Wie umgehen mit wenig oder gar ungenutzten Kirchen? Zu welchem Preis dürfen Wohnimmobilien auf dem freien Markt vermietet werden? Und: Inwiefern dürfen Einnahmen aus der Immobilienvermietung schrumpfende Kirchensteuereinnahmen kompensieren, wenn die Zahl der Mitglieder stetig abnimmt? Die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Zürich will diese Grundsatzfragen klären. Nachdem sie in den vergangenen Monaten rund 70 000 Mitgliedern die Möglichkeit gegeben hatte, zur Immobilienstrategie mittels Umfrage Stellung zu nehmen, verabschiedete die Kirchenpflege in einer Sitzung am Mittwoch ein neues Leitbild. Der Entscheid sei unstrittig gewesen, sagt der für Immobilien zuständige Kirchenpfleger Michael Hauser. «Jetzt freue ich mich auf die Diskussion im Parlament.» 

Das Leitbild stellt klar: Die Verkündigung des Evangeliums und das Leben christlicher Gemeinschaft soll bei der Nutzung von Kirchen und Sakralräumen weiterhin im Vordergrund stehen. Allerdings heisst es auch, diese könnten verwandten Glaubensgemeinschaften und Gruppen zur Verfügung gestellt werden. Der Verkauf einer Kirche sei ein Tabu, an dem nicht gerührt werde, sagt Hauser im Gespräch mit «reformiert.». «Vorstellen können wir uns aber langfristige Vermietungen an andere Glaubensgemeinschaften oder Migrationskirchen.» Auch Vermietungen an die Behörden seien vermehrt denkbar. Ein Beispiel dafür ist die Bullingerkirche, die wegen eines Umbaus des Rathauses in den kommenden Jahren Stadt- und Kantonsrat beherbergen wird.

«Offene Orte der Stille»
Bei der Entwicklung neuer Formen von Sakralbauten will die Kirchgemeinde die Interessen künftiger Generationen berücksichtigen und auch eine Zusammenarbeit mit anderen Konfessionen und Religionen prüfen. Ein heikler Punkt, mit dem sich vor allem ältere regelmässige Kirchgänger schwertun, wie aus der Mitgliederumfrage, an der knapp 500 Personen teilnahmen, hervorging. «In dieser Frage und auch mit Blick auf eine verantwortungsvolle Auslastung der Immobilien gab es durchaus kontroverse Meinungen», räumt Hauser ein. Die Kirchgemeinde müsse dies bei der weiteren Entwicklung der Immobilienstrategie berücksichtigen.

Die Kirchgemeinde will ihre Kirchen vermehrt untertags für Besucher öffnen, wie sie im Leitbild festlegt. Hauser schweben «offene Orte der Stille vor.» Gastfreundschaft und eine Willkommenskultur sollen künftig grundsätzlich eine noch grössere Rolle spielen. Bereits Anfang des Jahres hat die Kirchgemeinde dafür eine neue Vermietungsplattform vorgestellt. So wird Privatleuten, Firmen oder Vereinen das Anmieten von Räumen und Sälen einfacher gemacht. Hauser erhofft sich einen doppelten Gewinn: Höhere Mieteinnahmen und gleichzeitig ein vielfältigeres Gemeinde- und Quartierleben. Die Preise für Räumlichkeiten sind dabei nicht fix, sondern richten sich nach der Art der Nutzung und der Zahlungsfähigkeit der Mieter. Sprich: Ein Quartiertreff für Mütter darf für denselben Raum weniger zahlen als etwa ein gewinnorientiertes Unternehmen. 

Ein eigenes Kostenmietmodell
Das trifft auch für die Vermietung von Wohn-und Gewerbeimmobilien zu. Im Leitbild legt die Kirchgemeinde fest, dass nicht-kirchlich genutzte Häuser mit angemessenem Ertrag zum kirchlichen Leben beitragen sollen. Relevant für die Festsetzung von Preisen sei die «Nähe zum kirchlich-sozialen Auftrag» der Mieter, ihre Zahlungsfähigkeit und die Kosten. Damit hat sich die Kirchgemeinde zwar von der Orientierung an Marktpreisen verabschiedet. Das Vorhaben hatte im alten Leitbild von 2016 für viel Kritik gesorgt. Sie will sich jedoch – anders als zunächst geplant - auch nicht auf das äusserst tief angesetzte Kostenmietmodell der Stadt Zürich festlegen. Hauser will ein eigenes Kostenmietmodell entwickeln, bei dem die Preise Unterhalt und Erneuerung ermöglichen sollen. 

Auch das Thema Nachhaltigkeit ist im Leitbild verankert. Bis 2040 will die Kirchgemeinde klimaneutral werden. Orientierung bieten ihr die Nachhaltigkeitsgrundsätze der Stadt Zürich. Das kirchliche Umweltmanagementsystem «Grüner Güggel» soll flächendeckend zum Standard werden. Mit ihm können Kirchgemeinden ihren Ressourcenverbrauch optimieren und Betriebskosten sparen. Ein Engagement für die Umwelt wird von der Basis erwartet, wie aus der Umfrage deutlich hervorging. 

Das Immobilienportfolio der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Zürich hat einen Wert von etwa 1,2 Milliarden Franken. Es umfasst neben 43 Kirchen, 35 Kirchgemeindehäusern und 55 Pfarrwohnungen auch über 300 Wohnungen. Im nächsten Schritt wird das Leitbild im Parlament debattiert.

Cornelia Krause, reformiert.info

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