Baselland, Basel-Stadt, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Uri, Zug

Dem Haus der Religionen droht ein Finanzloch

von Katharina Kilchenmann, reformiert.info
min
09.08.2022
Zu wenig Kultur im klassichen Sinn biete das Haus der Religionen. Deshalb will die Stadt ihre Beiträge kürzen. Das könnte für die Institution zum ernsthaften Problem werden.

Wer im Haus der Religionen – Dialog der Kulturen eine Führung buchen will, braucht Geduld.  An die 400 Gruppen werden jährlich durch die Institution geführt. Das Interesse an multireligiösem Zusammenleben ist gross. Nicht nur Gäste aus der Schweiz, auch Gruppen aus Deutschland, Österreich, Georgien und Israel wollen einen Eindruck davon bekommen, wie fünf Glaubensgemeinschaften unter einem Dach coexistieren.

Projekte für Mehrreligionenhäuser gibt es viele, etwa in Berlin, Wien, Tiflis oder Jerusalem. Aber wirklich gebaut und seit mehreren Jahren erfolgreich in Betrieb ist nur das Berner Haus am Europaplatz.

 

Zitat: Wir bringen Themen und Aspekte ein, die sonst keine andere Institution einbringt.
Regula Mader, Präsidentin des Trägervereins Haus der Religionen - Dialog der Kulturen

 

Dass die Institution einzigartig sei und «internationale Strahlkraft» habe, attestiert ihr auch die Stadt Bern als wichtigste Geldgeberin. Trotzdem sollen die jährlichen Beiträge von 300'000 Franken um 50'000 Franken gekürzt werden. Der Grund: das Haus der Religionen biete zu wenig Kultur im klassischen Sinn. Und Kerngeschäft der städtischen Kulturförderung sei nun mal die Unterstützung professioneller Kulturproduktionen.

Viel mehr als «nur» Kultur
Regula Mader, Präsidentin des Trägervereins, kann mit dieser Begründung wenig anfangen. «Unser Angebot ist inhaltlich sehr breit – es gibt Lesungen, Diskussionen, Theater, Filmvorführungen - und erfüllt so die Kriterien der Stadt Bern.» Mit seinem Programm sei das Haus der Religionen relevant für breite Bevölkerungsschichten und ebenso für die Kulturszene. «Wir bringen Themen und Aspekte ein, die sonst keine andere Institution einbringt. Die Frage ist, von welchem engen oder weiten Kulturbegriff die Stadt ausgeht, und wie wir Kultur definieren.»

Auch andere Kulturbetriebe werden wohl mit weniger Unterstützung durch die Stadt leben müssen, so etwa die Dampfzentrale oder das Kino Rex. Warum aber die Kürzungen beim Haus der Religionen derart hoch ausfallen, versteht Mader nicht. Wurde der Beitrag doch beim letzten Mal noch um 100'000 Franken erhöht. «Wir haben bereits in den letzten Jahren mit einem sehr knappen Budget gelebt. Wenn der Betrag der Stadt Bern tatsächlich gekürzt wird, müssen wir uns überlegen, wo und welche Abstriche wir machen.»

 

Im Fokus der Kulturförderung steht die Unterstützung der professionellen zeitgenössischen Kulturproduktion.
Franziska Burkhardt, Leiterin Kultur Stadt Bern

 

Der Kulturbegriff der Stadt Bern ist klar: Im Fokus der Kulturförderung steht die Unterstützung der professionellen zeitgenössischen Kulturproduktion. Professionell bedeute, dass die künstlerische Arbeit als Beruf ausgeübt werde und die Kulturschaffenden soweit als möglich ihren Lebensunterhalt damit bestritten, erläutert Franziska Burkhardt, Leiterin Kultur Stadt Bern. «Im Vergleich mit anderen Kulturinstitutionen bietet das Haus der Religionen quantitativ einer geringeren Anzahl an professionellen Kulturschaffenden eine Plattform.» Deshalb habe man in der aktuellen Spardebatte - die Stadt muss die finanzielle Unterstützung an Kulturbetriebe insgesamt reduzieren - entschieden, den Beitrag an das Haus der Religionen zu kürzen.

Noch ist aber nichts entscheiden. Die geplanten Förderkredite sind derzeit in der Vernehmlassung - diese endet am 21. August - und werden später vom Stadtrat beurteilt. Noch können die Betroffenen auf sich aufmerksam machen und lobbyieren. So auch Regula Mader als Präsidentin des Trägervereins vom Haus der Religionen.  «Wir sind die einzige Organisation, die auch während der Pandemie den Leistungsvertrag erfüllt hat, was nicht selbstverständlich ist», betont sie. Und selbst wenn sie nicht optimal ins Kulturbudget passten, hätten sie doch viel mehr zu bieten als «nur» Kultur.

Katharina Kilchenmann, reformiert.info

Unsere Empfehlungen