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Jackie Leuenberger ist «heicho»: «Leben fühlt sich gut an»

von Marius Schären, reformiert.info
min
22.08.2022
Die Zeit in ihrer Freikirche möchte Jackie Leuenberger nicht missen. Irgendwann aber passte zu vieles nicht mehr zusammen. Jetzt fühlt sie sich angekommen im Leben.

Jackie Leuenberger, frisch genesen von Covid-19, sitzt an einem heissen Augusttag im Garten ihres Zuhause im Berner Mittelland und sagt: «Das Leben fühlt sich gut an.» Sie habe Ruhe gefunden, da wo sie sei, in allem rundum, habe einen Job, der Spass mache – und ihre CD «Heicho» sei erschienen. «Es geht mir gut», stellt sie fest, und wirkt dabei entspannt und ganz stark, genau so, wie es die Worte ausdrücken.

Zugleich lassen sie anklingen, dass es nicht immer so war. Vor Jahren war die heute 54-jährige Musikerin bekannt als Sängerin und Erschafferin des Hits «Chönig vo mim Härz». Der «Worshipsong», das Lobpreislied, ist nach wie vor präsent und vielgehört, mit über 100'000 Aufrufen allein in der Originalversion auf Youtube, mit Übersetzungen in alle vier Landessprachen.

«Eine sehr tolle Church»
«Ich war in einer tollen Gemeinschaft!», sagt Jackie Leuenberger über diese Zeit. Ihre damalige Freikirche schätzt sie als «sehr offen, humorvoll, lebendig, nicht dünkelhaft». Leuenberger sei dort immer sehr ermutigt worden, Musik zu machen.

Aufgewachsen sei sie ohne besondere Verbindung zur Kirche. Reformiert getauft zwar, aber: «Als ich als Mädchen meine Mutter mal fragte, ob es Gott gebe, meinte sie etwas zögernd: Sie glaube nicht.» Jackie Leuenberger lächelt. Und sagt, dass es sie aber schon als Kind faszinierte hätte, dass Menschen ein Ich-Bewusstsein haben, ein Wesen, einen Charakter. «Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das Zufall sein sollte. Und stellte mir die grossen Fragen des Lebens: Was ist das Leben, was ist der Sinn, warum sind wir, wo gehen wir hin?»

In der Freikirche gab es Antworten
Mit 16 habe sie angefangen, Gitarre zu spielen, mit 18 dann schon völlig überraschend und beim ersten Auftritt vor Publikum einen Talentwettbewerb gewonnen. Und mit 19 sei sie mit einer Freundin erstmals zu einer Freikirche gegangen. «Ich ging einfach mal mit und dachte dann: Hier gibt es ja Antworten auf meine Fragen!»

Es folgten engagierte und schöne Jahre für die junge Frau. Sie reiste nach Kanada und absolvierte dort eine Ausbildung zur Sängerin und Songwriterin. Sie lebte für ihre Church, heiratete und wurde auch durch ihre Musik mit Lobpreisliedern zu einem Vorbild in der Szene. Parallel ging es in ihrer Karriere als Musikerin vorwärts. «Ich konnte einen alten Traum verwirklichen und mit einer Band unterwegs sein. Dabei wollte ich nicht eine Etikette als christliche Künstlerin tragen, sondern einfach Künstlerin sein.»

Ihre erste CD «Gib mir e Minute» kam so gut an, dass sie die zweite «Südhang» bei Sound Service herausbringen konnte. Dieses «kleine, aber feine Label» hat einige bekannte Bands wie auch damals Polo Hofer unter Vertrag.

Es ging nicht mehr auf
Doch dann kam die Zeit der Zweifel. In der Ehe kriselte es, und vieles passte für Jackie Leuenberger nicht mehr zusammen. Fragen häuften sich. «Es sei ein Gott der Liebe, hiess es. Und doch gab es so viele Limitierungen, die man sich auferlegt», sagt sie. Dass man beispielsweise überhaupt diskutierte über Homosexualität, habe sie nicht verstanden. «Ich war überzeugt, dass Gott anders ist. Er will, dass wir leben, dass wir lieben, uns ausprobieren – das Leben muss doch als Abenteuerland gedacht sein!»

Als die Trennung von ihrem Mann erfolgte, habe sie den Wunsch verspürt, alles auf den Kopf zu stellen. Leuenberger sagt: «Ich wollte tabula rasa machen, komplett neu beginnen mit der Frage: Was ist die Wahrheit, was ist der Sinn?» Sie trat aus ihrer Kirche aus und wollte lange nichts mehr wissen von Spirituellem. «Ich wollte das Leben spüren, mich der Ungewissheit aussetzen.»

«Zuversicht zahlt sich immer aus»
Zwei Erlebnisse brachten Jackie Leuenberger dann zu Einsichten: Dass es ein «grosses Ganzes» gibt, eine übergeordnete Intelligenz – und dass wir Schöpfer unserer eigenen Realität sind. Und: «Zuversicht zahlt sich immer aus.» Das ist kurz zusammengefasst, was sie nach ihrer Neuorientierung in ihrem Leben mit den Jahren erlebte und erfuhr.

Das eine Erlebnis war eine SMS ihres Gitarristen. Am Tag ihres grössten Zweifels, ob sie weiter Musik machen könne, schrieb er ihr eine ungewohnt wortreiche Nachricht: «don’t give up. Deine Geschichte ist noch nicht zu Ende geschrieben» ohne zu wissen, das Jackie genau diese Frage beschäftigte. Das gab ihr zu denken.

Das andere waren die Erfahrungen mit den Büchern unter anderem von Eckhart Tolle und «Gespräche mit Gott» von Neil Donald Walsh. Gegen letzteres habe sie sich innerlich lange gesträubt – doch dann sei sie «total berührt» gewesen davon und habe viele Antworten gefunden. «Ich erkannte auch: Das Leben ist ein Spiegelbild von dem, was in uns selbst abgeht.»

Das Wunder mit der Musik
Und dann geschahen noch die Wunder ihrer jüngsten beiden CDs. «Schon «Meilewyt» war eins, für mich mein bestes Album. Aber es war sehr kräfteraubend, die Mittel aufzubringen», sagt Leuenberger. Dann sei sie aber wieder mal ins Haus ihrer Grossmutter gereist, fernab der Zivilisation. Und das starke Gefühl des Heimkommens liess sie den Song «Heicho» schreiben. Das Ganze habe ihr keine Ruhe gelassen.

Sie machte sich an die Geldsuche für ein weiteres Album. Diese sei unglaublich gut verlaufen, dann habe sie auch noch «fantastische Leute» mit ins Boot holen können, unter anderem den «Söhne Mannheims»-Pianisten Florian Sitzmann und Micha Dettwyler, Bruder von Seven und Sänger in dessen Band. Und jetzt sei das persönliche Wunder und «Bijou» da, im Folk-Pop-Stil und mit vielfältigen Themen.

«Heicho», heimgekommen scheint Jackie Leuenberger selbst im etwas trockenen Garten, wo die Wespen lästig sind und die Sonne auf den Rasen brennt. Und heimgekommen heisst nicht, dass jetzt fertig ist. «Alles ist verbunden. Wir haben die Chance, Dinge zu verändern. Wir sind dem Schicksal nicht ausgeliefert», sagt sie mit leiser und fester Stimme.

Marius Schären, reformiert.info

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