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Wie geht es uns? So lala, zeigt eine Umfrage

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10.10.2022
Ein neuer Selbsttest gibt über das persönliche Befinden Aufschluss. Dass mehr darüber geredet wird, sei gut, heisst es auch bei einer kirchlichen Beratungsstelle.

Es geht uns schon gut – aber nicht nur und nicht vor allem öfter nicht in der Psyche. Pandemie, Krieg, Energie-Krise: Die Weltlage wirkt sich auch direkt aus auf die psychische Gesundheit von Menschen in der Schweiz. Und hier herrsche ein «grosser Bedarf», niederschwellig Unterstützung zu erhalten, teilen die Trägerinnen der Kampagne «Wie geht’s dir?» mit. Das sind diverse Kantone, Pro Mente Sana und Gesundheitsförderung Schweiz.

Die Kampagne bietet neu online einen «Selbst-Check» an. Er soll in ein paar Minuten zur persönlichen Situation passende Impulse und Tools vermitteln. Vor der Lancierung des Tests das Institut GFS Bern damit bei etwa 4000 Menschen in der Schweiz eine repräsentative Umfrage durch. Das Fazit gemäss einer Mitteilung der Kampagne: Knapp drei von vier Menschen in der Schweiz sei es während der vier Wochen der Umfrage «höchstens mittelprächtig» gegangen. 40 Prozent seien psychisch hoch oder sehr hoch belastet.

Gute neue Angebote
David Kuratle überrascht das Umfrageresultat nicht. Der Theologe ist Paar- und Familientherapeut bei der Beratungsstelle Ehe, Partnerschaft, Familie der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn (Refbejuso). Auch der Beratungsalltag zeige: «Die beiden Krisen, die Pandemie und der Krieg, haben Grundlegendes im Sicherheitsgefühl der Menschen ins Schwanken gebracht.» Da zu seiner Stelle aber vor allem Menschen kämen, die aktiv arbeiten wollten, begrüsst er es, wenn es mehr niederschwellige Angebote gibt. «Dass das gefragt ist, zeigt beispielsweise auch der Erfolg von digitalen Möglichkeiten wie etwa Chats bei Pro Juventute und der Dargebotenen Hand», sagt Kuratle.

Dass Frauen häufiger betroffen seien, merke er auf der Beratungsstelle vorab im Bereich «Mental Load», der psychischen Last durch das Gefühl, für alles die Verantwortung zu tragen. Auch die biologische Uhr belaste Frauen stärker. Aber David Kuratle relativiert: «Ich würde auch sagen: Frauen nehmen Belastungen eher wahr und haben auch etwas besser gelernt, sich darin mitzuteilen.»

Das subjektive Empfinden zählt
Scheint es denn nicht auch mehr Probleme zu geben, gerade weil die psychische Gesundheit mehr thematisiert wird? Diese Frage beantwortet der Paar- und Familientherapeut nicht direkt. «Wichtig scheint mir, dass wir ein gesellschaftliches Klima schaffen, in dem wir frei sind, über persönliche Befindlichkeiten zu reden. Denn das hilft sicher, wenn jemand destruktiv gefangen ist in seinem Gedankensystem.» Wenn im subjektiven Empfinden ein Leiden da sei, solle etwas dagegen unternommen werden, sagt David Kuratle.

Lenkt er aber den Blick in die Weite, gerät der Theologe mitunter ins Grübeln. «Manchmal denke ich auch: Was wir hier an Traumata erfahren, ist nicht vergleichbar mit dem Erleben vieler anderer Menschen, etwa von Geflüchteten.» So frage er sich dann, wie sich unsere Resilienz entwickle, unser Umgang mit Problemen und Veränderungen.

Die Kirche kann mitwirken
Trotzdem: Die hiesige Kampagne begrüsst Kuratle, denn sie fördere sicher die Sensibilisierung und Enttabuisierung. Die Kirche könne ebenfalls dazu beitragen, findet er. «Als Pfarrer etwa war mir auch wichtig, bei der Verkündigung in den Fokus zu stellen, wie wir mit Leiden umgehen können.» Ebenfalls sei im Unterricht vieles möglich, beim Thematisieren des Umgangs mit Stärken, Schwächen, Starken und Schwachen.

«Ausserdem sehe es als Aufgabe der Kirche, sich politisch zu engagieren dafür, dass Menschen unabhängig von ihrer psychischen Befindlichkeit Platz haben in der Gesellschaft», betont der Theologe. Und fordert, dass insbesondere auch Kinder die Möglichkeit haben sollen, sich frei zu entfalten.

Hilfe holen wird normaler
Offenbar hat sich schon etwas gebessert, bilanziert Kuratle aus seiner 20-jährigen Beratungstätigkeit – gefühlt, nicht statistisch erhoben, betont er: «Die Leute suchen heute früher Hilfe mit ihren Leiden.» Es kämen viele junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren. Offenbar werde es immer normaler, aktiv für die psychische Befindlichkeit etwas tun, sie zu thematisieren, sagt David Kuratle. «Und es zeigt sich dann immer wieder auch, dass man nicht allein ist damit.»

Marius Schären, reformiert.info

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