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Schweizer Frauenhäuser in Notlage

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24.10.2022
Stellen für Opferhilfe schlagen Alarm: Es herrscht Platzmangel, die Fälle nehmen zu. Die Kirchen engagieren sich in der Sache schon lange.

In den Frauenhäusern und Beratungsstellen der Opferhilfe ist die Lage prekär. Darauf machten jüngst die Berner Institutionen «Solidarité Femmes» und Stiftung gegen Gewalt an Frauen und Kindern aufmerksam. «In den Berner Frauenhäusern herrscht akuter Platzmangel», halten sie in einer Mitteilung fest. Das sei schweizweit der Fall, so dass Betroffene teils in Hotels untergebracht werden müssten. Dort sei aber weder Sicherheit noch die nötige Unterstützung gewährleistet.

In Zahlen heisst das: Mitte Jahr lag die Auslastung in den drei Berner Frauenhäusern zwischen 84 und 92 Prozent. Das sei für Kriseninterventionsstellen für von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern «viel zu hoch», schreiben die Institutionen. Die Auslastung sollte maximal 75 Prozent betragen, um die Betroffenen professionell unterstützen und ihnen den erforderlichen Schutz gewährleisten zu können.

Fehlende Verantwortung des Kantons
Und konkreter: 1478 Menschen hätten die ambulanten Beratungsstellen von «Solidarité Femmes» und von der Stiftung gegen Gewalt an Frauen und Kindern im ersten Halbjahr 2022 beraten. Geht es so weiter, werden die 2205 Beratungen fürs gesamte Jahr 2021 weit übertroffen. Doch der Kanton Bern sei nicht bereit, seine Unterstützung der steigenden Nachfrage nach Hilfe und Beratung anzupassen. «Der Kanton Bern nimmt seine Verantwortung zum Schutz von Gewaltbetroffenen nach dem Opferhilfegesetz nicht wahr», klagen die beiden Organisationen an.

Noch deutlicher spricht die Statistik von «AppElle!». Die Hotline richtet sich an Frauen und Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. Sie soll sofortige Hilfe, Schutz und Unterbringung ermöglichen. 2021 gingen total 2432 Anrufe ein. Doch 2022 verzeichnete AppElle bereits bis Juni 2080 Anrufe. Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren (Sodk) hat daher die Kantonsregierungen dazu aufgerufen, Hand zu bieten für schnelle Lösungen.

Kirchen als wichtige Partnerinnen
Eine wichtige Unterstützerin für die Fachstellen sind die Kirchen. «Die Kirchen und Kirchgemeinden sind unsere wichtigsten Partnerinnen und unsere langjährigen und treuen Unterstützerinnen», sagt Maya Huber, bei der Stiftung gegen Gewalt an Frauen und Kindern verantwortlich für Fundraising und Kommunikation. «Wir erhalten immer wieder finanzielle Hilfe, sei es Spenden, Kollekten oder projektbezogene Unterstützungen.»

Durch diese Hilfe könne die Stiftung Projekte in den Bereichen Schutz vor Gewalt, Gewaltprävention und Sensibilisierung umsetzen, die nicht vom Kanton Bern finanziert werden. «Gerade im Bereich Opferhilfe ist es sehr wichtig, eine wirksame und rasche Hilfe für die Betroffenen häuslicher und sexualisierter Gewalt zu leisten», betont Huber. Ausserdem dürfe die Stiftung diverse Räumlichkeiten der Kirchen gratis nutzen, sowohl in Bern als auch in Thun.

Niederschwellige Angebote als Prävention
Dass der reformierten Landeskirche Bern-Jura-Solothurn (Refbejuso) das Thema wichtig ist, bestätigt Miriam Deuble, stellvertretende Leiterin des Bereichs Sozial-Diakonie. Die Frauenhäuser in Biel und Bern unterstützten sie seit Jahren finanziell, Kirchgemeinden täten das immer wieder auch mit Kollekten. Die kirchliche Stiftung Fondia zahle Beiträge an AppElle.

«Weiter haben wir mit den kirchlichen Beratungsstellen Ehe, Partnerschaft, Familie ein präventives Angebot, wo Konflikte bearbeitet und Spannungen abgebaut werden können», hält Deuble fest. Dieses Angebot steht allen offen, gezahlt wird nach Möglichkeit und Ermessen. Und auch nicht zu vernachlässigen sei die Rolle der Sozialberatungen in den Kirchgemeinden. «Diese niederschwelligen Angebote bieten einen wichtigen möglichen Anfang, wenn jemand Hilfe sucht.»

Marius Schären, reformiert.info

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