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So ist Erlösung nicht gemeint

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16.04.2016
Dem Ulmer Münster droht ernsthaft Schaden durch «Wildpinkler». Urin zersetzt den Standstein und gefährdet das Gebäude von unten. Sind Schweizer Kirchen ähnlich bedroht? Eine Umfrage zeigt: Das Problem existiert, geht aber nicht an die Substanz.

Steine im Sockelbereich der Ulmer Kirche seien vom Urin völlig zerfressen, sagte die Ulmer Pfarrerin Tabea Frey letzte Woche dem deutschen Evangelischen Pressedienst. Wenn man gegen die Unsitte des Pinkelns an die Kirchenmauer nichts unternehme, sei das Gebäude von unten her gefährdet. «Wir können die Kirche doch nicht von oben sanieren und von unten zerbröckeln lassen», so Frey.

Das klingt dramatisch. Wie ist das bei den Schweizer Kirchen? Vor allem Offene Kirchen in den Städten kennen die Unsitte des Wildpinkelns, allerdings nicht in dieser Schärfe. Zum Beispiel die Offen Kirche Heiliggeist in Bern. «Das Problem ist nicht neu. Eine Schädigung der Bausubstanz wie in Ulm konnten wir bisher aber nicht feststellen», so Elisabeth Stuck, die Präsidentin des Kirchgemeinderats Heiliggeist.

Basel: Dreck und Littering
Für die Kirchgemeinde bestehe kein Handlungsbedarf. «Wegen der Zunahme von Nutzungen des Bahnhofplatzes würden wir es jedoch begrüssen, wenn die Einwohnergemeinde Bern nach Lösungen sucht, zum Beispiel mit verstärkten Kontrollgängen, mehr Reinigungen und auch Kapazitätserhöhungen bei öffentlichen Pissoirs.»

«Dreck und Littering, Vandalismus und sogar Brandstiftung - wir hatten schon alles», sagt Pfarrer Frank Lorenz, Co-Leiter der Offenen Kirche Elisabethen in Basel. «Wenn Feste rund um die Kirche stattfinden, entleeren sich die Menschen aus Harnröhre, Magen und Darm rund um Eingänge, Mauern, Säulen, besonders dort, wos verdeckt ist.» Man sei mit der Stadtreinigung aber in gutem Einvernehmen, und sie helfe rund um die Kirche. «Auf unserem Boden müssen wir aber regelmässig selber reinigen. Das ist ärgerlich und auch demütigend.»

Zürich: Beim Züri-Fäscht die Nase zuhalten Und in Zürich?
«Das Wildpinkeln ist für uns im Moment kein Thema. Es kommt zwar sicherlich hin und wieder vor, aber zum existentiellen Problem ist es noch nicht geworden», so Pfarrerin Renate von Ballmoos von der Predigerkirche.

Anders bei der Citykirche Offener St. Jakob im Kreis vier: «Bei uns wird rings um die Kirche gepinkelt. Und das am hellichten Tag. Wir sind mitten im Ausgehquartier – nach einer Sommernacht stinkts manchmal ekelhaft nach Urin. Zusätzlich kommt noch Fäkalgeruch dazu – nicht nur von Hunden», sagt Hanny Sidler, die Sigristin des Offenen St. Jakobs. Erfreulich sei aber, dass «um unsere Kirche engagierte Leute wohnen, die solche Pinkler wegweisen».

Grossmünster: Ort zum Wasserlassen
Auch beim Grossmünster kennt man das Problem: «Das ist ein grosses Thema und ein Riesenärger vor allem beim ‹Züri Fäscht› im Juli», erzählt Grossmünster-Pfarrer Christoph Sigrist. «Wir haben keine Chance, dass gewisse Männer nicht an die Türen und den Aufgang zum Kreuzgang pinkeln.»

Das Grossmünster werde dann ein öffentlicher Ort zum Wasserlassen. «Anwohner kleben jeweils den Spalt zwischen Türe und Schwelle mit Plastik zu. Es riecht unmöglich.» Die Stadt stelle aber zum Glück mehr mobile Toiletten zur Verfügung.

Sigrist erinnert sich zudem an ein besonderes Erlebnis in einer Nacht des «Züri Fäschts»: «Einmal habe ich ein Paar vor dem Kreuzweg bei der Kopulation überrascht. Ich ging zu ihnen, weil ich dachte, es sei etwas passiert. Ich habe ihnen dann eine andere Herberge empfohlen.»

Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

Matthias Böhni / ref.ch / 16. April 2016

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