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Das Leben der Milliardäre in der Schweiz

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20.04.2016
Jedes Jahr veröffentlicht das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» die Rangliste der 300 Reichsten in der Schweiz. Die derart «Geouteten» ziehen sich dann jeweils die Bewunderung oder den Neid der «einfachen Leute» zu. Die Millionäre und Gutbetuchten eignen sich als Projektionsflächen für Träume und Ressentiments. Doch wie sind sie wirklich? Und wie nehmen sie sich selber wahr? Erkenntnisse dazu sind spärlich. Während zur Armut etliche Studien existieren, ist der Reichtum wenig erforscht.

Der Basler Soziologe Ueli Mäder bestätigt dies und führt es darauf zurück, dass die Armut enttabuisiert worden sei, Reiche hingegen nicht sehr auskunftsfreudig seien. Allerdings gelang es ihm 2010 für das Buch «Wie Reiche denken und lenken» mit 98 von ihnen Gespräche zu führen. Nur zwei der hundert angefragten Personen gaben den Autoren einen Korb. Die Reichen, Frauen und Männer, erzählen, erstaunlich offen und überraschend persönlich, wie sie mit ihrem Geld, ob geerbt oder selber erworben, umgehen.

Man könne das so deuten, dass Einzelne mitgemacht hätten, weil sie fürchteten, sonst negativ dargestellt zu werden, meinte Mäder in einem Interview. Er glaube aber, dass sich viele für seine Studie interessierten. «Viele Gespräche zeugten von einer grossen, fast ansteckenden unternehmerischen Begeisterung und von ernsthaften sozialen Anliegen.» Ausserdem lege ein Teil der Reichen in der Schweiz Wert darauf, zum Volk zu gehören.

In seinen Untersuchungen stiess Mäder auf Unterschiede zwischen altem und neuem Reichtum. Vertreter der reichen Geschlechter wie sie zum Beispiel in Basel vorkämen, zeigten oft nicht, wie vermögend sie sind. Im Gegensatz zu den «Neureichen», die ihren Besitz nicht verstecken und ein weniger ausgeprägtes Bewusstsein für soziale Verantwortung zeigten. Sie tendierten eher zu Parallelgesellschaften, blieben unter sich und schickten die Kinder in Privatschulen, so der Soziologe. Er führt dies auf den angelsächsischen Finanzkapitalismus zurück, der seit 1989 das Geld stärker gewichte als die Arbeit. Soziale Ungleichheit werde in diesen Kreisen nicht als Problem wahrgenommen.

Doch Mäder traf auch Reiche, die um den Arbeitsfrieden fürchten und, häufig mit dem Alter, zur Einsicht gekommen sind, dass Geld von beschränkter Reichweite ist. So sagt die Mäzenin Christine Cerletti-Sarasin im Buch: «Das wurde mir am Totenbett meines Vaters sehr klar. Am Schluss hat man nur noch den Körper, aber auch den gibt man dann her. Das Geld nützt dann überhaupt nichts. Ich will nur sagen: Man sollte die Leute wieder zurück auf die Schiene des Wesentlichen bringen, damit sie wissen, was wirklich zählt im Leben.» 

Karin Müller, 26.04.2016

 

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