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Anschläge auf Kirche: Friedensarbeit ist bedroht

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01.01.2016
Die Lage in Nigeria ist explosiv und die Situation verworren. Die Partnerkirche von mission 21, die im Nordosten des multiethnischen Staates liegt, sieht die Bemühungen um das friedliche Zusammenleben akut gefährdet. Bild: Zerstörte Maiduguri-Kirche in Nigeria

Mit den blutigen Angriffen am Weihnachtstag auf christliche Kirchen in Nigeria löste die islamistische Sekte Boko Haram weltweit Entsetzen aus. Bei den Bombenanschlägen wurden mindestens 40 Christen ermordet. Die Situation sei äusserst kompliziert, so Jochen Kirsch, Programmverantwortlicher für Nigeria bei mission 21 in Basel. Die weitere Entwicklung sei völlig unklar: «Selbst ein Bürgerkrieg wäre nicht auszuschliessen.»
«Unsere Partner in Nordostnigeria beschreiben die gegenwärtige Situation als äusserst kritisch», sagt Kirsch. «Die Menschen in Mubi haben Angst. Sie flüchten in ihre Häuser und meiden Menschenansammlungen, zum Beispiel den Markt oder den Gottesdienst.» Das Verhalten der Regierung trage nicht gerade zur Beruhigung bei: Während das Polizei- und Militäraufgebot massiv erhöht wird, erklärte der nigerianische Präsident Goodluck Jonathan, er gehe davon aus, dass sowohl sein ministeriales Kabinett als auch die Sicherheitskräfte von Anhängern der islamistischen Sekte Boko Haram durchsetzt seien.

Armut und Unbildung führen zu Fanatismus
Wie angespannt die Situation in Nigeria ist, belegen auch die jüngsten Zahlen des christlichen Hilfswerk Open Doors. Im Weltverfolgungsindex 2012 ist das Land nach anhaltenden Gewaltakten und Mordanschlägen von Rang 23 auf 13 vorgestossen. Nigeria ist gemäss «Open Doors» weiterhin das Land mit den schlimmsten Gräueln, was die Zahl der Todesopfer anbelangt. Weit über 300 Christen hätten aufgrund ihres Glaubens ihr Leben im vergangenen Jahr verloren, manche von ihnen bei den Wahlen im April, als ein christlicher Präsident gewählt wurde. Seit 2009 seien von islamistischen Gruppen mehr als 50 Kirchen niedergebrannt worden.
Der nigerianische Theologe und Menschenrechtsexperte Obiora Ike forderte Mitte Januar im Deutschlandfunk ein stärkeres Engagement der Europäer für Religionsfreiheit und Menschenrechte in den arabischen Ländern. Das ganze islamische Nordafrika führe eine islamische Staatordnung ein und sei eine antichristliche und antiwestliche Bewegung, so Ike. Die Europäer verstünden nicht, dass der arabische Frühling nicht auf eine Verwestlichung sondern auf eine Arabisierung und Islamisierung hinführe, befürchtet der katholische Theologe.
Armut und mangelhafte Bildung zählt Ike zu den Hauptgründen der gefährlichen Entwicklung. «Wenn die Leute arm sind, dann glauben sie an irgendeine Ideologie, die ihnen verkauft wird. Wenn Leute keine Schule besuchen, bleiben sie unwissend und werden käuflich.» Boko Haram heuere gezielt Jugendliche an, die keine Ausbildung und keinen Job haben, und infiltriere sie mit Ablehnung und Hass gegen alles Westliche, Demokratische und Andersgläubige. Trotz Gewalt müsse der interreligiöse Dialog weitergehen, so der Kirchenmann. Ike setzt weiter auf den Dialog und die Vernunft. Er hoffe auf «gemeinsamen Kampf mit liberalen Muslimen gegen die fanatischen Extremisten, die einen Islam herbeibomben wollen, der die elementaren Menschenrechte aushebelt.»

Weiterhin auf den Dialog setzen
Auch die Arbeit des Missionswerk mission 21 setzt auf den Dialog. Die «Kirche der Geschwister» in Nigeria EYN, eine aus der Tradition der Wiedertäufer hervorgegangenen Friedenskirche, ist Partner von mission 21. Sie hat ihren geografischen Schwerpunkt im Nordosten des Landes. Die Kirche habe wesentlich zu einem vertrauensvollen Klima zwischen den Christen und den muslimischen Gemeinschaften in der Region um die Stadt Mubi beigetragen, erklärt Jochen Kirsch. «Die Übergriffe sind für die EYN besonders schmerzhaft und gefährden ihre Arbeit», sagt Jochen Kirsch.



«Religion in Freiheit und Würde»
Weltweit werden 200 Millionen Christinnen und Christen wegen ihres Glaubens diskriminiert. Mit dem Programm «Religion in Freiheit und Würde» unterstützt das Basler Missionswerk mission 21 Friedensprojekte in den religiösen Konfliktgebieten auf der Welt.

Tilmann Zuber/ref/pd

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