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«Als Pfarrerin möchte ich authentisch sein»

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01.01.2016
Früher war es ein Traumberuf, heute scheint es auf den ersten Blick nicht mehr attraktiv, Pfarrerin zu werden. Die christlichen Kirchen verlieren Mitglieder, die Gemeinden haben finanzielle Sorgen. Minka Rohrer-Weerkamp lässt sich davon nicht abschrecken.

Frau Rohrer, Sie haben im Rahmen Ihres Theologiestudiums gerade ein dreimonatiges Kirchenpraktikum an der Luzerner Lukaskirche absolviert. Wollen Sie immer noch Pfarrerin werden?
Mehr denn je! Als ich mit dem Studium begann, wollte ich nicht unbedingt Pfarrerin werden. Das ist mir erst jetzt, durch die praktischen Erfahrungen in der Gemeinde, klar geworden.

Was reizt Sie an diesem Beruf?
Als Pflegefachfrau habe ich immer schon gerne Menschen begleitet. Die Seelsorge schliesst in diese Begleitung nun noch die Dimension von Gott mit ein. Das finde ich spannend. Auch treffe ich in dem Beruf viele Menschen, die ebenfalls auf der Suche nach Gott sind, so wie ich.

Schrecken Meldungen wie Aufhebung der Beamtenstellung, Spardruck in den Gemeinden oder Kirchenaustritte Sie nicht ab?
Das sind einfach die Rahmenbedingungen, in denen ich mich bewegen und bewähren muss. Natürlich hätte ich es lieber anders. Als Pfarrerin möchte ich authentisch sein und Christsein in der Gesellschaft vertreten unabhängig vom Zeitgeist und Mitgliederzahlen.

Sie haben ja bereits einen Beruf. Wie sind Sie darauf gekommen, noch Theologie zu studieren?
Fragen rund um den Glauben und die Bibel haben mich schon immer interessiert. Irgendwann traf ich die Entscheidung, mich vertieft damit auseinandersetzen zu wollen. Während eines beruflichen Timeouts habe ich dann mit verschiedenen Menschen gesprochen, mich im Internet informiert und mich dann für ein Theologie-Studium an der Universität Bern entschieden.

Was gefällt Ihnen besonders am Studium?
Das Erlernen der alten Sprachen Altgriechisch und Hebräisch zu Beginn des Studiums war für mich ein Highlight. Das habe ich genossen, weil sich eine ganz neue Welt für mich erschlossen hat: der Zugang zu den alten Schriften.

Was sind die grössten Unterschiede zwischen der Theorie an der Uni und der Praxis in der Gemeinde?
Ein seelsorgerliches Gespräch führen, eine Baukommissionssitzung erleben, eine Predigt halten das alles ist natürlich etwas ganz anderes als der Alltag an der Hochschule. Von der Uni habe ich aber einen gut gefüllten Rucksack an theoretischem Wissen mitgebracht. Darum fühlte ich mich gut vorbereitet und konnte Theorie und Praxis verknüpfen. Dass es ein Praxissemester gibt, in dem wir Studierenden unser Wissen in einer Gemeinde umsetzen können, finde ich sehr gut.



Zur Person: Minka Rohrer-Weerkamp ist 45 Jahre alt, verheiratet und Mutter von drei Kindern. Die Obwaldnerin studiert seit drei Jahren in Bern Evangelische Theologie, wo sie voraussichtlich 2014 den Masterabschluss erlangen wird. Im Rahmen des Praxissemesters während des Grundstudiums absolvierte sie ein dreimonatiges Gemeindepraktikum in der Kirchgemeinde Stadt Luzern. Neben dem Studium arbeitet Minka Rohrer-Weerkamp in Teilzeit als Pflegefachfrau im Alpnacher Altersheim.

Interview: Annette Meyer zu Bargholz

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