Drohender Nachwuchsmangel
Die Diplomfeier der Theologischen Fakultät ist vor kurzem über die Bühne gegangen. 19 Studierende konnten ihr Diplom entgegennehmen. Georg Pfleiderer, Ordinarius für Systematische Theologie in Basel, bezeichnet die Studierendenzahl seiner Fakultät als ausreichend, aber nicht zufriedenstellend. Rund 110 Studierende haben sich für die Theologie und den neuen Studiengang Religion-Wirtschaft-Politik eingeschrieben.
Dennoch zeichnet sich eine leichte Sorgenfalte auf der Stirn von Georg Pfleiderer ab. «Bis in zehn Jahren muss sich die Zahl der Studierenden an den Theologischen Fakultäten der Universität mindestens verdoppeln, damit dann die in Pension gehenden Pfarrerinnen und Pfarrer ersetzt werden können», erklärt Pfleiderer.
Das bestätigt auch Thomas Schaufelberger, zuständig für Aus- und Weiterbildung der Pfarrschaft der Deutschschweizer Kirchen. In den nächsten Jahren kämen die Baby-Boomer ins Pensionsalter, während die Zahl der Studierenden nicht zugenommen hat. Im Gegenteil: Im Herbst ist die Anzahl der Studienanfängerinnen und -anfänger in Bern und Zürich eingebrochen. «Auch ohne diesen Einbruch bräuchte es doppelt so viele Studierende, um den kommenden Bedarf zu decken», so Schaufelberger.
Aus dem Blickfeld verschwunden
Einen Grund für den Rückgang sieht David A. Weiss, Synodalratspräsident der Reformierten Kirche Kanton Luzern, in der veränderten gesellschaftlichen Verankerung der Landeskirchen. Das Berufsbild des Gemeindepfarrers sei mit jenem des Hausarztes verwandt und habe deshalb mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Ein weiterer Grund: In Luzern sind mit der Einführung des ökumenischen Religionsunterrichts an den Kantonsschulen mit einer Ausnahme keine reformierten Pfarrpersonen mehr an den Gymnasien tätig. «Das Berufsbild», so Weiss, «ist so weitgehend aus dem Blickfeld der Maturandinnen und Maturanden verschwunden.»
Persönlich ist David A. Weiss überzeugt, dass sich das Studium für den Pfarrberuf lohnt: «Das Theologiestudium ist einer der wenigen akademischen Bildungswege, die in ein weites Wissensfeld einführen.» Der Pfarrberuf entfalte sich in einem breiten Spektrum von Aufgaben. Er ermögliche Theologinnen und Theologen bereits in jungen Jahren, den persönlichen Gaben entsprechend Verantwortung zu übernehmen.
Werbung durch Kontakte
Um das Studium der Theologie populärer zu machen, lancierte die reformierte Kirche vor ein paar Jahren eine Kampagne mit Kinospots und dem Magazin «Level 10». Doch wie sich zeigt, war der Streuverlust zu gross. Der Erfolg blieb aus. Stattdessen will man nun vermehrt auf den persönlichen Kontakt setzen. Pfarrpersonen, Religionslehrerinnen und -lehrer und andere sollen gezielt Jugendliche auf das Theologiestudium hinweisen. «Jede Kirchgemeinde wünscht sich schliesslich eine gute Pfarrerin oder Pfarrer», meint Georg Pfleiderer, «deshalb sollte es auch in ihrem Interesse sein, geeignete Personen für ein Theologiestudium zu portieren.»
Annette Meyer zu Bargholz / of
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