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Abendmahl: Katholiken sitzen noch am Tisch

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01.01.2016
Eine Umfrage des Kirchenboten in verschiedenen Kantonen zeigt: Beim Abendmahl existiert die Ökumene kaum mehr. Eine Ausnahme ist Baselland. Hier treffen sich Reformierte und Katholiken nach wie vor zum gemeinsamen Mahl.

Das Abendmahl ist das älteste Sakrament des Christentums. Jesus selbst hat die Worte zu Brot und Wein gestiftet, die an seinen Tod und seine Auferstehung erinnern und christliches Heil vermitteln. Diese Urszene des christlichen Glaubens könnte die Christen aller Konfessionen verbinden. Stattdessen gehen Katholiken und Reformierte beim Brechen des Brotes auf Distanz. Das ergibt eine Umfrage, die der Kirchenbote in sechs Kantonen durchführte.
Im Zuge des Aufbruchs des Zweiten Vatikanischen Konzils war es in den 80er- und 90er-Jahren gang und gäbe, dass Protestanten und Katholiken das Abendmahl feierten. Das gemeinsame Brechen des Brotes wurde zum Symbol der lebendigen Ökumene in der Basiskirche.
Das scheint heute nicht mehr der Fall zu sein. Die Mehrheit, 14 der 23 Baselbieter Kirchgemeinden, welche die Umfrage beantwortet haben, bleiben beim Abendmahl unter sich. Gewisse beklagen den Rückzug der Katholiken: «Es ist eine verschärft engere Haltung seitens der Katholiken spürbar leider.» In einigen Dörfern des Oberbaselbiets zeigt sich die Entfernung auch örtlich: Wo es keine katholische Pfarrei gibt, findet erst recht kein ökumenischer Kontakt statt.
Dennoch: Immerhin sechs Kirchgemeinden feiern regelmässig ökumenisch. Drei weitere zelebrieren zwar nicht das Abendmahl, kennen aber andere, freie ökumenische Formen. Im interkantonalen Vergleich sind das überdurchschnittlich viele. Wo ökumenisch gefeiert wird, betonen die Pfarrerinnen und Pfarrer, dass das schon seit Jahren so sei: «Seit vielen Jahren feiern wir ökumenische Gottesdienste mit Abendmahl. Das hat sich Gott sei Dank auch nicht in den letzten Jahren geändert.»

Abnützung befürchtet
Die Umfrage zeigt weiter: Die Reformierten sind mit dem Abendmahl zurückhaltend. Zwei Drittel der Gemeinden, die sich an der Befragung beteiligten, treffen sich weniger als einmal pro Monat zu Brot und Wein. Die Mehrheit gar nur an den hohen Feiertagen. Sie halten sich an die von der Baselbieter Kirchenordnung vorgeschriebenen Abendmahlssonntage. In der Kirchenordnung heisst es aber auch: «Die Kirchenpflege kann jederzeit weitere Gottesdienste mit Abendmahl anordnen.»
Die Zurückhaltung wird mit der hohen Wertschätzung des Abendmahls begründet: «Es unterstreicht die besonderen kirchlichen Feiertage.» Man fürchtet, es könnte sich abnützen: «Zu häufige Abendmahlsfeiern könnten eine inflationäre Wirkung haben.» Dem widerspricht der Berner Theologe David Plüss. Er fordert mehr Abendmahl im Kirchenjahr. Auch die Reformierten bräuchten «beheimatende Rituale».
Die Mehrheit der Pfarrpersonen glaubt, dass den Gottesdienstbesuchern die Bedeutung des Abendmahls bewusst ist. Einige betonen, wichtiger als der Glaubensinhalt seien eine «stimmige» Feier und «das intuitive Verständnis». «Vielleicht ist das Abendmahl das einzig Sinnliche im wortgeprägten Gottesdienst der Reformierten», schreibt ein Pfarrer. «Das ganze Geschehen wird als etwas Geheimnisvolles empfunden, das seine Anziehungskraft auch seiner Fremdheit verdankt», meint ein anderer.

Karin Müller

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