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In Strassburg ist noch nichts entschieden

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01.01.2016
Ein Schwyzer klagt dagegen, dass seine Firma Kirchen­steuern zahlen muss. Nach der reformierten beschäftigte sich nun auch die katholische Kantonalkirche mit den möglichen Auswirkungen.

«21338/11» lautet das Aktenzeichen, das die Finanzchefs der Schwyzer Kantonalkirchen in Atem hält. Hinter dem Kürzel verbirgt sich die Beschwerde eines Feusisberger Softwareentwicklers am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg. Der Atheist H., der eine Einmann-AG führt, erhielt 2005 einen Steuerbescheid, der ihn aufforderte 664 Franken Kirchensteuern für seine Firma zu bezahlen. Anders als der religionslose Unternehmer H. ist diese nicht von der Steuerpflicht befreit.
Aus Protest klagte sich H. zunächst durch alle Instanzen bis zum Bundesgericht. Jenes gestand zwar zu, dass es zwar Gründe gegen die Kirchensteuer für Firmen gebe, doch da sie bereits seit über 130 Jahren bestehe, müsse sie schon aus Gründen der Rechtssicherheit beibehalten werden und zwar bis «veränderte tatsächliche Verhältnisse oder gewandelte Rechtsanschauungen eine andere Lösung erfordern».
Nachdem H. in der Schweiz keinen Erfolg hatte, wandte er sich nach Strassburg. Die Beschwerde «H* v. Switzerland» befindet sich dort allerdings noch ganz am Anfang eines langwierigen Verfahrensprozesses: Laut Auskunft der Pressestelle des EGMR sei die Beschwerde zwar re-gistriert, aber noch nicht für zulässig erklärt worden. «Eine genaue Prognose, wie lange eine Entscheidung dauern wird, kann ich nicht abgeben», so Sprecherin Nina Salomon. Erfahrungsgemäss ziehen sich Verfahren über Jahre hin. 2011 waren in Strassburg 145 700 Beschwerden hängig.
Auf Zeit wollen die Schwyzer Kantonalkirchen allerdings nicht spielen: Bereits 2011 verlangte Ueli Dubs, Synodaler der reformierten Kirche, Auskunft vom Kirchenrat, was passiert, wenn die Kirchensteuern der Firmen wegfallen würden. Das Ergebnis: Die Steuern der natürlichen Personen müssten, je nach Gemeinde, zwischen 6 und 67 Prozent erhöht werden.
Eine ähnliche Anfrage beschäftigte Ende April nun auch die katholische Kantonalkirche. Sie rechnet mit Einbussen in Höhe von 4 Millionen Franken. 14,8 Prozent der Kirchensteuereinnahmen in Schwyz stammen von Firmen. Ein Wegfall würde auch hier Steuererhöhungen bedeuten.
Als Strategie schlägt der katho­li­sche Kirchenrat vor, im Fall der Fälle gemeinsam mit der reformierten Lan­deskirche Verhandlungen mit dem Regierungsrat aufzunehmen, um «die Frage der staatlichen Abgeltung für gemeinwirtschaftliche Leistungen zur Diskussion zu stellen». Bisher zahlt der Kanton Schwyz nichts an die Kirchen, anders als beispielsweise in Uri, wo die Spitalseelsorge komplett vom Kanton finanziert wird.

Mehrwert der Kirchensteuern
Dass das soziale Wirken der Kirchen einen enormen Mehrwert für die ganze Bevölkerung erzeugt, zeigen Untersuchungen immer wieder. Die Fachhochschule Nordwestschweiz stellte im Jahr 2009 in einer Studie fest, dass die Kirchen in den Kantonen Solothurn und Baselland die Beträge, die sie aus den Kirchensteuern der juristischen Personen erhalten, glatt verdoppeln.

Annette Meyer zu Bargholz

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