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Stimmungsmache oder berechtigte Kritik?

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01.01.2016
In einem offenen Brief dankt das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz HEKS der Migros für die Deklaration von Produkten aus israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten. Der Vorstoss teilt die Meinungen und schürt Emotionen.

«Liebe Migros wir danken Dir herzlich für diesen mutigen ersten Schritt». Mit diesen Worten gratulierte das HEKS in einem ganzseitigen NZZ-Inserat der Migros, dass sie Produkte aus den israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten korrekt deklariert. Die Deklaration dieser Produkte aus dem Westjordanland und Ostjerusalem sei ein erster Schritt. Das Hilfswerk fordert weitere Schweizer Detailhändler auf, diese Produkte nicht mehr zu verkaufen. Grossverteiler in anderen Ländern wie Grossbritannien oder Norwegen machten es vor.

Keine anti-israelische Haltung
Gerade dagegen regt sich Widerstand. Die christlich-jüdische Arbeitsgemeinschaft CJA-beider Basel befürchtet, dass Migros und HEKS mit diesem Boykott «Hassgefühle gegen Israel fördern und die Schweizer Gesellschaft spalten». Ein Boykott bewirke im Nahen Osten weder Positives noch Negatives, sondern bewirtschafte allein eine Kampagne gegen eine Schweizer Minderheit und belaste den Religionsfrieden in der Schweiz.
Das HEKS-Inserat war auch Thema an der Abgeordnetenversammlung des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes. Der Basler Kirchenratspräsident Lukas Kundert monierte, das Hilfswerk werde damit zur Partei in einem Konflikt. Für den HEKS-Stiftungsrat verteidigten Präsident Claude Ruey und der Baselbieter Kirchenratspräsident Martin Stingelin das Inserat. Der Stiftungsrat und der Rat des Kirchenbundes seien gegen einen generellen ­Boykott von Produkten aus Israel. Martin Stingelin erklärte vor den Abgeordneten, Kritik an Israel müsse möglich sein, ohne dass man einer anti-israelischen Haltung bezichtigt werde.
Auf Anfrage weist Ueli Locher, Direktor von HEKS, darauf hin, dass man das Inserat im Kontext sehen müsse. Neben der Projektarbeit gehöre es zur Aufgabe von HEKS, «anwaltschaftlich auf ungerechte Strukturen oder Ursachen hinzuweisen, unter denen die Bevölkerung leidet».

Tilmann Zuber

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