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Flüchtlingsdrama

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01.01.2016
Schaffhausen platzte aus allen Nähten, als im 17. Jahrhundert 26'000 Hugenotten und Waldenser auf der Flucht Schutz suchten.

Mehr Flüchtlinge als Einwohner: Im Jahr 1687 hatte Schaffhausen 5000 Einwohner und beherbergte 9000 Flüchtlinge. Hugenotten aus Frankreich und Waldenser aus Italien, die in der Heimat wegen ihres reformierten Glaubens verfolgt wurden. «Die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung war bewundernswert», erzählt die Historikerin Silvia Pfeiffer, die das Flüchtlingsdrama in Schaffhausen in einer Broschüre aufgearbeitet hat. Die Gasthäuser waren überfüllt, Privathaushalte öffneten die Türen. Flüchtlinge hausten im Spital, im Seelhaus, Schützenhaus, in der Elendenherberge. Als auch dies nicht genügte, wurden sie aufs Land geschickt. «Vor allem die einfacheren Waldenser, Bergbauern aus dem Piemont, wurden für Feld- und Stallarbeiten eingesetzt.»

Wichtige Station
Schaffhausen war eine wichtige Station auf dem Weg von Hugenotten und Waldensern durch die Schweiz. Dennoch gibt es kaum historische Zeugen. Heute weiss man noch von Stephan Laffon, Spross einer reichen Familie aus Bordeaux, der sich als einer der wenigen in Schaffhausen niederlassen konnte. Er heiratete Maria Magdalena Oschwald. Der Nachfahre Johann Konrad Laffon führte die Apotheke «zum Einhorn» und stiftete das Naturhistorische Museum mit. Aber die meisten wurden weiter geschickt. Die Zunftordnung verhinderte, dass sie arbeiten durften.
Die Stiftung «VIA auf den Spuren der Hugenotten und Waldenser» hat das Ziel, einen Fernwanderweg entlang der Fluchtroute einzurichten. Bis 2014 sollen in verschiedenen Städten Projekte zur Geschichte stattfinden. Unter Leitung von Silvia Pfeiffer und René Specht, beide im Beirat der Stiftung, finden am Wochenende vom 3./4. November Veranstaltungen statt, die an die grosse Flucht erinnern. Stadtbibliothekar René Specht stellt in einer Führung den einzigen künstlerischen Zeitzeugen vor: Im «Grossen Haus» am Fronwagplatz befindet sich an einer Stuckdecke ein kunstvoll gestaltetes Medaillon aus dem Jahr 1687.
Schaffhauser Bürger gründeten für die Flüchtlinge die Eglise réformée française de Schaffhouse. Auch wenn diese heute klein ist, findet immer noch einmal im Monat ein Gottesdienst statt. Am Reformationssonntag am 4. November lädt die Eglise française gemeinsam mit dem Verband evangelisch-reformierter Kirchgemeinden zu einem Gedenkgottesdienst ein. Am Nachmittag könne man sich zu Fuss auf die Spuren der Flüchtlinge begeben: Geleitet vom Kartografen Werner Vogel von der Stiftung «VIA» führt eine Gedenkwanderung von Herblingen nach Thayngen.


Zum Bild: Umzingelt von Gefahren, aber geschützt durch Gottes Hand: Das Medaillon von 1687 stellt einen flüchtenden Hugenotten dar. Auf einem Band stehen die Worte: «Il faut souffrir et espérer» (Wir müssen leiden und hoffen).

Barbara Helg

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