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Aktive Eltern starke Kinder

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01.01.2016
Eltern möchten ihre Kinder möglichst gut auf Kindergarten und Schule vorbereiten. Doch wie können sie ihre Kleinen altersgerecht fördern? Das HEKS-Elternbildungsprojekt Edulina, das in mehreren Sprachen angeboten wird, unterstützt mithilfe von interkulturellen Vermittlerinnen und Vermittlern Familien mit Migrationshintergrund bei Erziehungsfragen.

Acht junge Frauen und ein Mann sitzen im Basler Voltaschulhaus im Halbkreis. Ihre Kinder spielen im Raum nebenan mit Betreuerinnen «Verkäuferlis». Die Eltern nehmen an einem Familienworkshop von «Edulina» teil. An sechs Samstagen kommen sie während dreier Stunden zusammen. Die Kurssprache ist Türkisch. Junge Väter und Mütter sind unerfahren bezüglich der Entwicklung ihrer Kinder. Sie vergleichen mit anderen und machen sich Sorgen, wenn die Tochter weniger redet oder der Sohn immer noch krabbelt, während die Gleichaltrigen in der Spielgruppe bereits laufen. Bei Eltern mit Migrationshintergrund kommt dazu, dass sie oft nicht wissen, wo sie sich Rat holen können. Angebote wie zum Beispiel die Mütter- und Väterberatung kennen sie nicht, oder sie kämpfen mit Verständigungsproblemen.

Unterrichtet wird in der Muttersprache
Hier setzt «Edulina» an und berät in mehrteiligen Kursen fremdsprachige Eltern aus Basel-Stadt und Baselland in ihrer Muttersprache bei Fragen zur Förderung und Entwicklung ihrer Kinder. Die interkulturellen Vermittlerinnen und Erwachsenenbildnerinnen, die diesen Kurs leiten, haben den gleichen kulturellen Hintergrund wie die Kursteilnehmenden. Wie die türkische Sozialpädagogin Fahriye Usta. Unter ihrer Anleitung lockern sich im Voltaschulhaus alle bei einem Bewegungsspiel auf. In der ersten Kurseinheit beschäftigt sie sich mit der sozialen und emotionalen Entwicklung von Kindern im Vorschulalter. Bevor Fahriye Usta mit ihrem Kurzreferat beginnt, müssen sich die Eltern überlegen, was sie glauben in der Erziehung ihrer Kinder gut zu machen. «Wir wollen mit dem Positiven starten», erklärt Olcay Senel, die den Kurs zusammen mit Hayat Mısırlıog˘lu leitet. Die Eltern sollen gestärkt nach Hause gehen, im Wissen, dass sie vieles richtig machen.
Die Leiterinnen legen viel Wert auf eine entspannte Atmosphäre. Es herrscht eine herzliche Stimmung. «Zuhören», «Vertrauen geben», «Fragen beantworten» die Anwesenden diskutieren ihre Erziehungsschwerpunkte. Der Erfahrungsaustausch steht im Zentrum. «Wir wollen den Eltern zeigen, dass alle Kinder verschieden sind, und jedes seine Stärken hat», sagt Hayat Mısırlıog˘lu. Selime Atici und ihr Mann Oguz haben einen zweijährigen Sohn. Die Schwester habe ihr den Kurs empfohlen, sagt die junge Mutter. Hier erfahren sie, dass andere Mütter und Väter Ähnliches erleben wie sie selber, und sie erhalten nützliche Tipps. «Es war beruhigend, zu hören, dass selbst Albert Einstein erst sehr spät anfing zu sprechen», lacht Selime. Kader Aksoy ist Mutter einer fünfjährigen Tochter. Ihr ist es wichtig, dass ihr Kind sich bewegt und andere Kulturen kennen lernt. Sie schickt das Mädchen in eine Spielgruppe und nimmt es mit zum Schwimmen. Der Kurs bestätigt sie darin, «dass wir, gleich wie den Erwachsenen, auch den Kleinen mit Respekt begegnen sollten».
Kursleiterin Olcay Senel lebt seit 23 Jahren in Basel und unterrichtet Türkisch beim Schul-, Integrations- und Elternbildungsprogramm AKEP der HEKS-Regionalstelle Basel. Es unterstützt Familien aus der Türkei. Aus dem AKEP-Programm «Aktive Eltern starke Kinder» entwickelte HEKS «Edulina» und weitete es 2011 auf weitere Sprachgruppen aus. Die Kurse gibt es mittlerweile auch auf Albanisch, Tamilisch, Portugiesisch, Spanisch und Deutsch. Im letzten Jahr fanden 11 Workshops statt, an denen 112 Eltern mit 129 Kindern teilnahmen. Als langjährige AKEP-Lehrerin kennt Olcay Senel viele junge Eltern mit türkischen Wurzeln und erzählt ihnen von den «Edulina»-Kursen. Manchmal spreche sie die Familien zudem im Park an, sagt sie.

Es darf gelacht werden
Im Voltaschulhaus steht nach der Pause ein Rollenspiel an, das für Heiterkeit sorgt: Die Hälfte der Kursteilnehmenden übernimmt den Part ihrer Kinder, die um ein Spielzeug streiten. Die anderen versuchen als Eltern die Auseinandersetzung zu schlichten. Im anschliessenden Gespräch zeigt sich, dass Eltern bei Konflikten nicht zu früh eingreifen sollten, um den Kindern Gelegenheit zu geben, selber eine Lösung zu finden. Währenddessen vergnügen sich die rund zehn Kinder friedlich unter der Aufsicht von Eylem Soner. Sie unterrichtet ebenfalls bei AKEP. Bei «Edulina» ist sie als Kinderbetreuerin engagiert. Ihre sechsjährige Tochter bringt sie jeweils mit. «Unsere Landsleute in der Schweiz und auch unsere eigenen Kinder brauchen Unterstützung », meint Eylem Soner. Sie, Hayat Mısırlıog˘lu und Olcay Senel halfen als Mentorinnen, «Edulina» als Pilotprojekt vor vier Jahren aufzubauen: «Seither haben wir die Entwicklung einiger Kinder, die mit ihren Müttern und Vätern bei uns waren, begleitet, ihre Fortschritte beobachtet und uns über ihre Erfolge gefreut.» Zum Schluss erhalten die Eltern von Fahriye Usta noch eine «Hausaufgabe». Sie sollen ihren Kindern die Verantwortung für ein altersgerechtes «Ämtli» übergeben, zum Beispiel Wäsche aufhängen oder Schuhe putzen, und nächstes Mal darüber berichten, wie es geklappt hat.

Karin Müller

Links:
Weitere Infos zu den HEKS-Projekten im Bereich der interkulturellen Vermittlung und Übersetzung finden Sie unter www.heks.ch/handeln.

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