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Der Fasnachts-Graben

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01.01.2016
Die Schweiz kennt nicht nur den Rösti-, sondern auch den Fasnachts-Graben. Der verläuft entlang des Juras und hat mit Kirche, Päpsten und Reformation zu tun.

Während die Bööggen aus Höfe, die Butzis aus der March und die Hudis aus Einsiedeln ihre Kostüme für ein Jahr versorgen, treffen die Fasnachtscliquen am Rheinknie die letzten Vorbereitungen für den Morgenstreich. Das zeigt, die Schweiz ist in Sachen Fasnacht und Fastenzeit geteilt. Die Grenzen bildet geographisch der Jura, terminlich der Aschermittwoch. Viele vermuten den Grund dafür in der Reformation. Wollte sich das reformierte Basel von der Fasnacht in den katholischen Kantonen der Zentralschweiz abgrenzen?
«Nein», meint Christoph Hürlimann. Der Theologe und Autor sieht den Grund im Julianischen Kalender: Als Rom zur Zeit von Julius Cäsar den Kalender festlegte, übersah man, dass das Kalenderjahr 11 Minuten und 13 Sekunden länger ist als das Sonnenjahr. Papst Gregor XIII korrigierte dies, indem er 1582 zehn Tage überspringen liess. Dies missfiel nicht nur den Protestanten, weil diese Kalenderkorrektur aus Rom kam. Im Wallis wehrten sich auch Katholiken, als der Bischof von Sitten den neuen Kalender einführte. Sie fürchteten den Verlust ihrer Bräuche. Erst 1798 wurde in der Schweiz mit der Helvetik ein gemeinsames Weihnachtsdatum eingeführt. Die Basler jedoch blieben bei der Fasnacht nach dem alten Kalender.

Reformation mit Würsten
Trotzdem ist die Reformation in der Schweiz stark mit der Fastenzeit verbunden. Während Martin Luther in Wittenberg seine Thesen in Latein an die Kirchentüre nagelte, so dass sie nur Gelehrte lesen und verstehen konnten, begann die helvetische Reformation profaner. 1522 war Huldrych Zwingli im Haus des Buchdruckers Christoph Froschauer an einem Wurstessen anwesend. Das Fastengebot wurde gebrochen und die zwei geräucherten Würste wurden zum Fanal der Reformation. Auch in Basel bildete die Fastenzeit den Auftakt zur Reformation. In den Tagen vor Aschermittwoch drangen bewaffnete Anhänger der Protestanten in die Kirchen ein und zerstörten im Bildersturm die Heiligendarstellungen. Dies besiegelte de facto den Glaubenswechsel. Denn ohne Heilige kein Kult und keine Fastenzeit.

Für Reformierte 28, für Katholiken 45 Tage
Ursprünglich ging jedem hohen Feiertag eine Fastenzeit als Vorbereitung voraus. Erhalten hat sich lediglich die Zeit vor Ostern. Für die Protestanten ist es die vierwöchige Passionszeit. Für die Katholiken die vierzigtägige Fastenzeit, die an Aschermittwoch beginnt. Doch wer nachrechnet, kommt auf eine Fastenzeit von 45 Tagen. Der Grund sei der, erklärt Christoph Hürlimann, dass die Sonntage nicht zählten. «Die Sonntage wurden schon sehr früh als Tag der Auferstehung gefeiert. Zur österlichen Freude passte der Ernst der Fastenzeit nicht. Der siebte Tag war vom Fasten ausgeschlossen.»

Zum Bild: Szene aus der Basler Fasnacht (links) und von der Luzerner Fasnacht.

Tilmann Zuber

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