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Der Tanz schöpft aus Musik und Bibeltext

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01.01.2016
Biblische Texte kann man lesen, erzählen und singen. Sie lassen sich auch tanzen, meint die Choreographin Julia Medugno.

Julia Medugno befand sich in einer Lebenskrise, als sie eines Nachts eine CD einschob und die ersten Töne des Deutschen Requiems von Brahms erklangen. Der Choreographin war sofort klar, dieses gewaltige Werk müsste man tanzen. Die Musik rief in ihr Bilder hervor, die sie darstellen wollte. Die klaren, schnörkellosen Worte aus der Bibel haben ihr in ihrer Depression Kraft gegeben, erzählt Julia Medugno. Der Text spreche von Vergänglichkeit und Tod und werfe gleichzeitig einen hoffnungsvollen Blick auf den wahren Wert des Lebens.

Tanz, Orchester und Musik zusammen
Das geschah vor fünf Jahren. Aus dem damaligen Impuls entwickelte sich die Idee, Chor, Orchester und Tanz in dem Requiem zusammenzubringen. Julia Medugno suchte nach einem Partner, der dieses Projekt mittragen würde. Der Regio-Chor Binningen sagte zu.
In der Zusammenarbeit verdichtete sich die Idee zum enormen Projekt. Gemeinsam setzen der Regio-Chor Binningen, das Orchester Collegium Musicum Basel und neun Tänzerinnen und Tänzer von «ultraSchall» dieses um. Mehr als 150 Mitwirkende beteiligen sich an diesem getanzten Chor-Konzert unter der Leitung des Dirigenten Bodhan Shved. Die Uraufführung findet in der Martinskirche in Basel statt.

Inspirationskraft
Für die singende Choreographin oder tanzende Sängerin sind Text und Musik zentrale Inspirationsquelle und Schöpfungskraft in ihrer Arbeit. Bei manchen Aufführungen bleibe gerade der Text im Hintergrund. Das Pub­likum schwelge in der Musik, während sich der Inhalt lediglich im Programmheft niederschlägt. Genau das will Julia Medugno nicht. In ihrer Choreographie will sie den Luthertext visuell umsetzen.
Zum Teil bewegen sich die neun Tänzerinnen und Tänzer in synchronen Formen oder übernehmen die Fugengestalten der Chorstimmen. An anderen Stellen, wie beispielsweise beim vierten und letzten Satz «Selig sind die Toten» tanzt das Ensemble gemeinsam als einheitlicher Körper und bewegt sich doch mit verschiedenen Gesten. «Es soll im gemeinsamen Atem die harmonische Einheit trotz aller Verschiedenheit der Menschen veranschaulichen», erklärt Julia Medugno. Mit ihrer Hand imitiert die 40-Jährige die tänzerischen Bewegungen. Die andere Hand blättert gleichzeitig in der Partitur, um ihr Vorhaben besser erklären zu können.
Julia Medugno möchte, dass die Tänzerinnen das Requiem durch die vertiefte Auseinandersetzung mit den zeitlosen Bibeltexten und der musikalischen Komposition verinnerlichen. Der kraftvolle Herzschlag des pulsierenden Requiems soll durch die Tänzerinnen, den Chor, die Solisten und das Orchester spür- und sichtbar gemacht werden. Es war das gleiche Pulsieren, das Julia Medugno spürte, als sie vor fünf Jahren die ersten Töne des Requiems hörte.
Für Julia Medugno bilden geistliche Musik und Tanz kein Widerspruch.
Bei vielen Komponisten seien Tanzmotive in die geistlichen Werke eingeflossen. So auch bei Johann Sebastian Bach, erzählt Medugno. Nach einer Aufführung der Matthäuspassion soll sich eine Dame beim Komponisten beschwert haben, dass er für solch einen Text eine «Tanzmusik» als Grundlage genommen habe.

Ein deutsches Requiem, Johannes Brahms, szenisches Chorkonzert mit Tanz,
Samstag, 13. April, um 19.30 Uhr, Sonntag, 14. April, um 17 Uhr, Martinskirche Basel. Verena Krause, Sopran, Andrew Ashwin, Bariton, regioChor Binningen/Basel, Collegium Musicum Basel, «ultraschall», Choreografie: Julia Medugno, Leitung: Bohdan Shved.


Zum Bild: Tänzerin vor dem Chor: Deutsches Requiem als Gesamtkunstwerk.|zvg

Tilmann Zuber

Links:
Tickets: www.regiochor.chInformationen: www.ultraschall.ch

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