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Auferstehung was ist das «wirklich»?

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01.01.2016
«Der Herr ist wirklich auferstanden», rufen die Christen im Ostergottesdienst. Doch was müssen wir uns unter diesem «wirklich» vorstellen? Etwas, das unser Leben berührt?

«Brisante Themen, hautnah serviert» so wirbt Telebasel für seine Sendung 061Live. Letztes Jahr kurz vor Ostern gab es dort ein Gespräch zur Frage «Glauben Sie wirklich, dass Jesus an Ostern vom Tod auferstanden ist?» Die Frage war suggestiv gestellt: «Glauben Sie wirklich ?» Das tönt nach: «wie kann man nur an so etwas glauben». Aber immerhin: Die Frage wurde gestellt zur besten Sendezeit.
Für die ersten Christen war dieses kleine Wort «wirklich» das alles entscheidende Wort. «Der Herr ist wirklich auferstanden» heisst es im Osterevangelium in Lk 24,34. Bis heute ist das der Ruf, mit dem Ostergottesdienste beginnen und mit dem sich Christen auf der ganzen Welt frohe Ostern wünschen.
Was aber bedeutet das «wirklich»? Viele Christen verstehen es im Sinne von «leiblich» so als sei der Leichnam wiederbelebt worden. Und es gibt ja auch Erzählungen im Neuen Testament, die eine solche Sicht nahelegen: Die Geschichte vom «ungläubigen Thomas» etwa, dem der auferstandene Jesus anbot, die Hand in seine Wunden zu legen. Oder die in Lk 24,3743 beschriebene Szene, in der sich Jesus mit «Fleisch und Knochen» zeigt.
Doch schon Paulus hatte einem solch «materiellen» Verständnis von Auferstehung widersprochen und geschrieben: «Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht erben.» Das gilt auch für Jesus, den er den «Erstling der Auferstandenen» nennt. Das Bildwort vom «Aufstehen» aus dem Tod wie aus einem Schlaf meint nicht eine Rückkehr vor die Todesgrenze. Jesus ist nicht zurück-, sondern gewissermassen nach vorne gegangen, durch den Tod hindurch in die lichte Gemeinschaft mit Gott. Er ist nicht in seinen «alten»» zu Tode geschundenen Leib zurückkehrt, sondern mit einem «neuen», nicht mehr physischen, sondern geistlichen, unsterblichen Leib bekleidet worden. Es kommt nicht darauf an, sich diese Leiblichkeit konkret vorzustellen. Das können wir nicht. Aber darin liegt noch kein Grund, sie zu bestreiten.
Wichtig ist nicht, sich eine Vorstellung davon zu machen, sondern sich zu vergegenwärtigen, was «Auferstehung» bedeutet: Dass Jesus in eine neue, ganz andere, ganz von Gottes Gegenwart erfüllte Existenzform übergegangen ist. Dass er sich jetzt im Kraftfeld der Gegenwart Gottes befindet, das in der Bibel «Geist» Gottes genannt wird. «Auferstehung» meint nicht die Wiederbelebung eines Leichnams, sondern ein Neugeschaffenwerden. So wie das Samenkorn, das in die Erde fällt und stirbt, nicht wieder zum Samenkorn wird, sondern zu einer neuen Pflanze.

Gott als Quelle des Lebens
Worin die Wirklichkeit der Auferstehung besteht, ist im Neuen Testament selbst umstritten; und zwar nicht nur das «wie», sondern auch das «ob überhaupt». Das einzige wirkliche Streitgespräch, das Jesus nach Überlieferung der Evangelien geführt hat, kreist um diese Frage. Jesus sagt darin den alles entscheidenden Satz: «Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden.» Genau darum geht es an Ostern: Um Gott als Quelle des Lebens, die nicht erst jenseits der Todeslinie zu sprudeln beginnt, sondern mitten im Leben schöpferisch tätig ist, Grund und Halt, Lebenskraft und Lebensfreude gibt. «Mitten im Tod sind wir vom Leben umgeben», hat Luther gesagt.
Es geht an Ostern nicht nur um das, was damals in Jerusalem und Galiläa geschah, sondern um uns heute. Die Osterbotschaft lautet: Alles, was dein Leben beeinträchtigt, beschädigt und zerstört, hat nicht das letzte Wort. Gottes Lebensmacht hat das letzte Wort. In dieser Lebensmacht sind auch unsere Verstorbenen geborgen und werden auch wir aufgehoben sein, wenn wir gestorben sind. Aber nicht erst dann, sondern schon jetzt umgibt uns diese Lebensmacht. Jesus hat Brief und Siegel darauf gegeben. Wer diese Gewissheit zum tragenden Grund seines Lebens hat, für den ist die in Christus realisierte Wirklichkeit der Auferstehung schon angebrochen.




Zum Bild: Gottes Lebensmacht hat das letzte Wort. | Manfred Hartmann

Reinhold Bernhardt, Professor für systematische Theologie, Basel

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