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«Parallelen zu Ostern»

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01.01.2016
Die Jüdin Ilana Jäckel erklärt angehenden Lehrerinnen und Lehrern das Pessach-Fest. Es hat viele Parallelen mit den christlichen Ostern. Statt Ostereiern suchen die Kinder den Afikoman.

Ilana Jäckel hat einen festlichen Seder-Tisch gedeckt. «Damit Sie sich etwas vorstellen können», sagt sie. Denn in der Pessachnacht steht das Sedermahl im Zentrum. Und in den kleinen, sorgfältig zubereiteten «Sedertellern» steckt die ganze Bedeutung der Feier. Nicht dass einen die Speisen besonders gelüsteten. Das sollen sie auch nicht. Das Chicoreeblatt, der scharfe Meerrettich und das Salzwasser erinnern an das bittere Exil in Ägypten.
Die Mazza, das ungesäuerte Brot, ist «Das Brot des Elends» der Vorväter. Ein (sehr schmackhaftes) Gemisch aus Äpfel, Nüssen, Zimt sieht aus wie der Lehm und «erinnert uns an die Sklavenarbeit». Ilana Jäckel schlägt ein Buch auf, die «Hagada», und erklärt: «Pessach feiert die Geschichte unseres Auszugs aus Ägypten.»

Profi im Erklären
Ilana Jäckel ist Mitglied des «Interreligiösen Dialogs Schaffhausen» und so etwas wie ein Profi im Erklären von jüdischen Festen. Selbst aus einer Familie osteuropäischer Juden stammend, kam sie in einem israelischen Kibbuz auf die Welt. Gelebt hat sie seither in Israel, Argentinien und der Schweiz. «Ich bin traditionell aufgewachsen», sagt sie. Traditionell meint, dass ihre Familie die Feste zwar feierte, «aber nicht so streng wie orthodoxe Juden». Heute stellt sie an der Pädagogischen Hochschule von Schaffhausen die jüdische Religion vor. Auch Hebräischschüler der Kantonsschule kommen zu ihr, um etwas über jüdische Feiern zu erfahren. Hin und wieder feiert sie Pessach mit interessierten christlichen Gemeinden.
«Seit ich diesen Job habe, befasse ich mich mit den Details von Pessach und ich merkte, wie viele Bezüge es zu den christlichen Ostern gibt.» Die eine Hälfte der Mazza etwa, die das Familienoberhaupt beim Sedermahl bricht, wird als «Afikoman» (Nachtisch) versteckt, wie an Ostern die Eier. «Die Kinder freuen sich den ganzen Tag auf die Suche.» Wer den Afikoman findet, erhält ein Geschenk.

Fest der offenen Türe
Es gibt noch mehr Verbindungen. Wer wisse schon, dass das Abendmahl, das Jesus vor seinem Tod feierte, ein Sedermahl gewesen sei? Mit seinen Jüngern beging Jesus damals das jüdische Frühlingsfest zum Auszug aus Ägypten, an dem am Schluss eine Tür geöffnet wird, um den Messias einzulassen, falls er kommt. Der Jude Jesus ist für die Christen zum Messias geworden, die Juden hingegen halten dem Messias noch immer ihre Tür offen.
Sie habe Pessach immer geliebt, erklärt Ilana Jäckel, die zur Feier jeweils nach Zürich zu ihrer Mutter fährt. Pessach erfordere zwar minutiöse Vorbereitungen: So muss etwa die Küche speziell gereinigt, separates Geschirr benutzt werden. Aber zu diesem Fest sei die Türe nicht nur für den Messias geöffnet, sondern auch für viele Menschen. «Wir waren oft dreis­sig Personen an einem Tisch», erinnert sie sich. «Wer eine Familie hat, lädt diejenigen ein, die keine haben.»

Barbara Helg

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