Baselland, Basel-Stadt, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Uri, Zug

Schlemmen für die Brotlosen

min
01.01.2016
Tanja Grandits deckt das Tischlein zur ökumenischen Kampagne und schlägt nicht nur Brücken zwischen Nord und Süd.

Basel. «Wenn ich meinen Erfolg dazu nutze, um von meinem Überfluss etwas abzugeben, kann ich damit Gutes bewirken.» Das sagte die Spitzenköchin Tanja Grandits vom Restaurant «Stucki» vor einem Jahr zum «Interkantonalen Kirchenboten», als sie und ihr Team ein ausgesuchtes Menü mit regionalen Produkten und globalen Gewürzen zubereiteten. In dessen Genuss kamen 100 angemeldete Gäste am Bankett «Gerechtigkeit schmeckt!» in der Offenen Kirche Elisabethen. Sie wurden am Abend gleichzeitig in die ökumenische Kampagne von «Brot für alle» und Fastenopfer während der Fastenzeit eingestimmt.
Der Anlass, der den kulinarischen und auch kulturellen Genuss mit Informationen zur Kampagne der kirchlichen Entwicklungsdienste kombiniert, war für die Gäste und alle Beteiligten derart erfreulich, dass er am 12. März zum zweiten Mal stattfindet. Daniel Frei vom reformierten Pfarramt für weltweite Kirche, der die Veranstaltung zusammen mit Monika Hungerbühler, sie für die Offene Kirche und für die römisch-katholische Missionskonferenz, organisiert: «Tanja Grandits steht voll und ganz hinter unserem Konzept, wonach kulinarischer Genuss mit trockenen Informationen die ideale Kombination ist, um uns zur Solidarität mit den Schwächeren unserer globalisierten Gesellschaft zu bewegen.»

Maya Graf überbringt Grusswort
Neben Grandits wird ein zweiter prominenter Gast für die gute Sache einstehen. Die Nationalratspräsidentin Maya Graf richtet ein Grusswort aus und nimmt zusammen mit ihrem Mann am Bankett teil. Für die Biobäuerin aus Sissach ist der Bezug zum Boden vital. «Wir verlieren die Beziehung zu den Lebensmitteln und zur Erde», sagte sie vor ein paar Monaten an einer Veranstaltung vom Leuenberg mit mission 21.
Um fruchtbaren Boden geht es auch in der Kampagne. Er dient Millionen von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in anderen Erdteilen zur Grundnahrung und schafft oft auch ein Grundeinkommen. Die Landnahme (engl. «Land Grabbing») für riesige Monokulturen, auf denen Mais und ­Soja für die Produktion von Fleisch und Agro­treibstoffe in den Industrieländern gepflanzt werden, raubt ihnen ihre Existenzgrundlage und kurbelt die Landflucht an, weil die Preise für Lebensmittel vor Ort steigen. Die Kampagne «Ohne Land kein Brot» macht auf diese besorgniserregende Entwicklung aufmerksam und nimmt auch die Zusammenhänge zwischen Landraub und unseren Ernährungs- und Lebensgewohnheiten in der Schweiz unter die Lupe.

Pfarrer der Region als Kellner
Auch in diesem Jahr kommen die Gäste aus der ganzen Region von Nuglar bis Basel. Neun freiwillige Pfarrer und Theologen werden sie wiederum bedienen, unter ihnen zum zweiten Mal der neue Baselbieter Kirchenrat Matthias Plattner und Philipp Roth, Pfarrer in Kleinbasel, St. Theodor. Warum verzichten sie dafür auf einen freien Abend und wechseln temporär vom Pfarrgewand zur Kellnerschürze?
Er sei sich zwar bei der Premiere vor einem Jahr «wie ein Banause vorgekommen» neben den Gastroprofis um Tanja Grandits, meint Plattner schmunzelnd. Aber es sei spannend, einen Gottesdienstraum als «Herr Ober» zu erleben. Ihm gefällt der Mix von Genuss und Information, die für sich allein zuweilen «sehr spröde» daher komme und einen meist mit gemischten oder schlechten Gefühlen wegen der Situa­tion in der Welt entlasse. Die grossen runden ­Tische in der City-Kirche bringe «Menschen aus der Welt der Nordwestschweizer Kirchen» miteinander ins Gespräch, so der Sissacher Gemeindepfarrer.
Mit der Kombination von leiblichem Wohlergehen und der Sensibilisierung für Menschen in Armut hat auch sein Basler Pfarrkollege Roth kein Problem: «Genuss ist schlicht eine Tatsache für uns im Wohlstandswesten», meint er. Es mache die Welt nicht besser, «zerknirscht» vom Tisch zu gehen oder «sich wieder einmal deutlicher seiner Schuld bewusst aus der Kirche zu schleichen», so der Seelsorger: «Auch ein Bad der Betroffenheit kann lediglich Wellness sein.»
Es mache Spass, anderen eine Freude­ zu bereiten, und das erst noch in einem Grenzen überschreitenden Team, sagt Philipp Roth: «Es ist schön zu erleben, wie Ökumene in einem weiten Sinn ganz selbstverständlich fliesst.»

Anna Wegelin

Unsere Empfehlungen

«Es gibt kein Leben ohne Schmerz»

«Es gibt kein Leben ohne Schmerz»

Akute und chronische Schmerzen kennt jeder von uns. Was drückt dem Menschen auf den Rücken? Leben religiöse Menschen gesünder? Kann Schmerz ein Lehrmeister sein? Was ist Biofeedback? Wolfgang Dumat, Psychologe, Psychotherapeut und Experte für chronische Schmerzen, hat Antworten auf diese Fragen.
Die Angst vor den Ängsten

Die Angst vor den Ängsten

Viele Paare hüten sich davor, offen über ihre Ängste zu sprechen. Sie meiden diese Themen, da sie befürchten, missverstanden zu werden oder schwach zu erscheinen. Paartherapeut Tobias Steiger erzählt aus seiner Praxis.