Atheisten-Pfarrer kommt nach Basel
«Es ist noch schlimmer als lügen, fluchen oder Geld aus dem Klingelbeutel stehlen», schreibt der Tagesspiegel. «Ein Pfarrer, der im Sonntagsgottesdienst verkündet, Gott gibt es nicht.» Klaas Hendrikse heisst dieser Pfarrer, der aus dem beschaulichen Hafenstädtchen Zierikzee in Holland stammt.
Seitdem der Niederländer sein Manifest «Glauben an einen Gott, den es nicht gibt» veröffentlich hat, steht die Kirche nicht mehr im Dorf. Die Medien feiern ihn als Atheisten unter der Geistlichkeit. Gläubige fordern seinen Rücktritt. Doch wer in seinem Buch, das jetzt im Theologischen Verlag Zürich TVZ auf Deutsch erschienen ist, liest, merkt rasch, so atheistisch ist der bekennende Atheist nicht. Hendrikse geht es um die traditionellen Gottesbilder, die er in Frage stellt. Für ihn ereignet sich Gott in den menschlichen Beziehungen und der Glaube hat mehr mit dem Leben als mit Religion zu tun. Deshalb kann Klaas Hendrikse mit Auferstehung, dem Ewigen Leben oder Wundern wenig anfangen. Und Jesus ist für ihn ein Mensch, wenn auch ein besonderer.
Da gehe es Hendrikse wie vielen Zeitgenossen, meint Lisa Briner, Stellvertretende Verlagsleiterin des TVZ. Mit seinem Vorstoss versuche er den Zweifeln und Fragen der heutigen Menschen nicht mit Antworten aus vergangenen Jahrhunderten zu begegnen. Deshalb sei es wichtig, diese Diskussion zu führen.
«Jede Generation muss nach Gott fragen»
Für Peter Schmid, Vize-Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes, sind Hendriksens Aussagen nicht skandalös. Anfang April wird der Baselbieter alt Regierungsrat mit dem Pfarrer in Basel auf dem Podium die Klingen kreuzen. Debatten über das theologische Gottesverständnis hätten eine lange Tradition, meint Schmid. Schon in den 1970er-Jahren wurde diese Diskussion vertieft geführt. Und bereits die Bibel spreche davon, sich kein Gottesbild zu machen. Jede Generation müsse sich erneut dieser Frage nach Gott und der Gottesbeziehung stellen, erklärt Schmid. Das geschehe jetzt anhand Hendriksens Buch.
Für Schmid ist im Gegensatz zu Hendrikse die Beziehung zu Gott «deutlich personaler». Auch die These des Niederländers «Ein Gott, den es gibt, gibt es nicht.» findet er etwas dürftig. Ausserdem schlage sich in Hendriksens Ausführungen «eine ausserordentlich westliche Sichtweise» nieder. Dieses rein «rationale Denken» sei einem grossen Teil der Welt fremd. Soll die niederländische Kirche den atheistischen Pfarrer entlassen? Peter Schmid mag dazu keine Stellung nehmen. Diese Frage müsste die Kirchgemeinde mit ihrem Pfarrer ausmachen. Denn der «Glaube lasse sich nicht quantifizieren», der zeige sich in anderen Dimensionen.
Tilmann Zuber
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