Baselland, Basel-Stadt, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Uri, Zug

«Wir wollen ein faires Verfahren»

min
01.01.2016
Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund SEK empfiehlt die Asylgesetzrevision zur Ablehnung. Menschen auf der Flucht müssen faire Asylverfahren gewährleistet werden, erklärt Simon Röthlisberger, zuständig für Migrationsfragen.

Herr Röthlisberger, die  Verschärfung der Asylgesetzrevision wird von einer SP-Bundesrätin vertreten. Deshalb gibt es gerade von der linken Seite weniger Kritik. Es ist merklich still. Gilt das auch für Kirchenkreise?
Ich möchte festhalten, dass der Kirchenbund mit seiner Stellungnahme zur Asylgesetzrevision auf der Linie ist, die wir seit Jahren vertreten.

Und im Bezug auf breite Kreise der Kirche.
Nein, das lässt sich nicht feststellen. Es gibt durchaus kirchliche Gruppierungen und Institutionen, welche die Verschärfung kritisieren. Das «Centre sociale protestant» in Genf etwa hat sich aktiv am Referendum beteiligt. Zu nationalen Abstimmungsvorlagen nimmt meist der Kirchenbund Stellung und nicht die einzelnen Kirchen.

Der Kirchenbund lehnt die Verschärfung ab. Warum?
Der Hauptpunkt ist die Abschaffung der Botschaftsverfahren, welche das Kernstück der Vorlage bildet. Dieses Verfahren ermöglicht, dass Flüchtlinge ein Asylgesuch stellen können, ohne nach Europa und in die Schweiz zu reisen. Dies schützt die Schwächsten unter den Verfolgten. Das sind oftmals Frauen und Kinder und solche, die nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um nach Europa zu reisen. Fällt das Botschaftsverfahren weg, müssen sich die Flüchtlinge auf eine gefährliche Reise begeben, sich Schleppern anvertrauen und die Fahrt über das Mittelmeer antreten. Die Bilder der Flüchtlinge, die in kleinen Booten versuchen, die Küste Europas zu erreichen, kennen wir alle. Teilweise bezahlen sie die Reise mit ihrem Leben.

Einerseits fällt bei einer Annahme der Vorlage das Botschaftsverfahren weg. Andererseits baut die EU ihre Südgrenzen aus.
Richtig, es wird schwieriger ein Gesuch in der Schweiz zu stellen, da die EU ihre Aussengrenze vermehrt sichert und damit die Einreise nach Europa erschwert.

Seit Jahren wird Stimmung gegen die Asylbewerber gemacht. Hat da eine kritische Botschaft, wie jene des Kirchenbunds noch eine Chance?
Es geht nicht um Chancen im Abstimmungskampf. Der Kirchenbund setzt sich für ein faires Asylverfahren ein. Das Stellen eines Asylgesuchs ist kein Missbrauch, sondern ein Recht. In der Asyldebatte sollte der Schutz der Verfolgten im Mittelpunkt stehen. Das ist das Kernanliegen der Genfer Flüchtlingskonvention. Mit unserer Stellungnahme wollen wir zugunsten eines umfassenden Flüchtlingsschutzes sensibilisieren.

Was kann die Kirche unter­nehmen, um das Klima in der Bevölkerung hinsichtlich der Flüchtlinge zu verbessern?
Die Kirche kann die Begegnung zwischen Migranten und Einheimischen fördern. Das geschieht auch an vielen Orten, etwa in Basel, wo die evangelischen Migrationskirchen im Austausch mit den reformierten Ortskirchen stehen. In den afrikanischen Gemeinden hat es viele ehemalige Asylsuchende oder Leute, die noch im Asylverfahren sind. Die direkte Begegnung ermöglicht, den anderen kennenzulernen und Vorurteile abzubauen.

Interview: Tilmann Zuber

Verwandte Artikel:
25.04.2013: Nur «Augenwischerei»
25.04.2013: «So wie du und ich»

Unsere Empfehlungen

«Es gibt kein Leben ohne Schmerz»

«Es gibt kein Leben ohne Schmerz»

Akute und chronische Schmerzen kennt jeder von uns. Was drückt dem Menschen auf den Rücken? Leben religiöse Menschen gesünder? Kann Schmerz ein Lehrmeister sein? Was ist Biofeedback? Wolfgang Dumat, Psychologe, Psychotherapeut und Experte für chronische Schmerzen, hat Antworten auf diese Fragen.