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«In der Kirche reagieren die Menschen sensibler»

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01.01.2016
Zum Ende der Amtszeit von Synodalrat Hans Nyfeler.

Herr Nyfeler, Ökumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit, kurz OeME genannt, oder Finanzen für was schlägt Ihr Herz mehr?
In beiden Bereichen kann man Kirche gestalten. Mit OeME habe ich mich zehn Jahre lang beschäftigt, das Departement Finanzen übernahm ich erst vor zwei Jahren. Ich bin auch kein klassischer Finanzer: bezüglich Buchhaltung und Rechnungswesen habe ich bescheidene Kompetenzen. Meine Stärke liegt in der Finanzpolitik.

Ohne nach genauen Zahlen zu fragen: Wie steht die Landeskirche zurzeit finanziell da?
Aus meiner Sicht sehr gut. Wir haben uns dank strikter Kostenkontrolle eine solide Eigenkapitalbasis erarbeitet und könnten über ein Jahr ohne Einkünfte von aussen überleben. Wir haben nach wie vor dank Zuzügern einen leichten Mitgliederzuwachs im Kanton. Die Horrorszenarien vom massiven Mitgliederschwund stimmen in Luzern nicht. Das stimmt mich positiv.

Verfolgt man die Budgetberatungen in den Synoden, wirkt es so, als trauten die Synodalen der kantonalkirchlichen Finanzverwaltung nicht allzu viel zu. Ärgert Sie das?
Es sind immer nur Einzelne die sich entsprechend äussern, über deren Wortwahl kann man geteilter Meinung sein. Ich kenne das Spiel, darum macht es mir persönlich nichts aus. Ich habe 17 Jahre in einem Gemeindeparlament politisiert, manchmal auch mit kantigen Worten. Entscheidend ist für mich, wie die Synodalen schliesslich abstimmen. In der Demokratie zählen die Mehrheitsentscheide unter Berücksichtigung des Minderheitenschutzes.

Haben Ihnen Ihr politisches Engagement in der SP und ihre Tätigkeit als Einwohnerrat in Kriens die Arbeit im Kirchenparlament erleichert?
Davon konnte ich profitieren. Als ich vor zwei Jahren das Departement Finanzen übernahm, hatte der Synodalrat in der Synode gerade Schiffbruch mit dem Aufgaben- und Finanzplan erlitten. Die Synodalen waren seiner Vorlage nicht gefolgt. Ich kenne das aus dem Gemeinderat, wenn Vorlagen kommen, die niemand versteht. Mein Anliegen ist es, Vorlagen so transparent zu präsentieren, dass sie alle Synodalen verstehen können in klarer Sprache.

Kann man umgekehrt auch etwas aus den kirchlichen Gremien mit in die weltliche Politik nehmen?
Kirchenleitung ähnelt der Leitung eines Gemeinwesens oder eines Unternehmens. Man hat die gleichen Probleme und Fragestellungen. In der Kirche reagieren die Menschen aber sensibler. In der weltlichen Politik kann ich eine andere Sprache sprechen, ohne dass gleich jemand verletzt ist.
Hinzu kommen die Freiwilligen, von denen ich nicht die gleichen Leistungen erwarten und fordern kann, wie von entlöhnten Mitarbeitenden. Man muss geduldiger sein.

Geduld mussten Sie gleich zu Beginn ihrer Amtszeit beweisen, als es um den Aufbau einer OeME-Fachstelle ging.
Als ich im Synodalrat anfing, gab es einen OeME-Sekretär, der vom Aargau aus die Zentralschweiz mitbetreute. Die OeME-Aktivitäten im Kanton dümpelten so vor sich hin. Ich habe dann versucht, eine OeME-Stelle Zentralschweiz aufzubauen. Kurz vor Unterzeichnung des Zusammenarbeitsvertrags sind aber zwei Zentralschweizer Kantonalkirchen abgesprungen und das Projekt platzte. Das war ein grosser Frust. So entstand dann eine Fachstelle nur für Luzern mit der Zusatzaufgabe «Interreligiöser Dialog». Diese ist mittlerweile gut etabliert.

Was war Ihr Motiv sich überhaupt kirchenpolitisch zu engagieren?
Eigentlich Unzufriedenheit: Als wir 1984 mit unserer zweijährigen Tochter einen Berggottesdienst besuchten, wollte uns der Pfarrer wegen störender Kindergeräusche aus dem Gottesdienst schicken. Wir blieben und so kam ich später über die Mitarbeit in einer Pfarrwahlkommission in die Synode, war dort acht Jahre Synodaler und vier Jahre Präsident der Geschäftsprüfungskommission. Später wurde ich dann Synodalrat.

Ihre Amtszeit endet im Juni. Welche Themen hinterlassen Sie Ihrem Nachfolger?
Die laufende Verfassungsrevision bewirkt einen grossen Umbau, Dienstleistungen werden zentralisiert werden müssen. Aus meiner Sicht wird es zu einer Umverteilung der Mittel kommen, weg von den Kirchgemeinden hin zu Kantonalkirche. Damit alle mitziehen, wird viel Überzeugungsarbeit geleistet werden müssen.

Verhinderer oder Motivierte, mit wem hatten Sie in mehr zu tun?
Als Synodalrat hatte ich Kontakt mit vielen Menschen und das waren praktisch alles positive Erlebnisse. Meine Mitstreiter haben einen grossen Dank verdient: nur gemeinsam mit ihnen waren Veränderungen möglich. Ich bin als Synodalrat da nur ein kleines Rädchen.





Abschied im Juni
Der Krienser Hans Nyfeler, 65, ist seit 2001 Mitglied des Synodalrats der Reformierten Kirche Kanton Luzern. Bis zur Herbstsynode 2011 war der gelernte Maschinenschlosser und Industriemeister für das Ressort OeME und Interreligiösen Dialog zuständig. Im Frühling 2011 übernahm er zusätzlich das Finanzressort, welches er bis zum Ende der Legislatur im Juni 2013 inne hat.  

Interview: Annette Meyer zu Bargholz

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