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Europa bleibt religiös

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01.01.2016
Alle sprechen von Kirchen­austritten, Atheisten und Religionslosen. Doch Zahlen aus einer neuen Datenbank der Universität Luzern zeigen: Das christliche Abendland ist nach wie vor religiös und christlich dominiert.

Ob Minarettverbot, Schrumpfung der Volkskirchen oder die Integration muslimischer Einwanderer Religion ist europaweit ein Thema. Doch schreitet die Säkularisierung wirklich voran oder erleben wir eine Renaissance der Religionen? Sicher ist, die religiöse Landschaft Europas verändert sich. Zwar sind viele Zahlen im Umlauf, doch gibt es keine verlässliche Religionsstatistik für Europa. «Im schlimmsten Fall werden politische Entscheide aufgrund irgendwelcher Zahlen irgendwie gefällt», sagt Antonius Liedhegener, Professor für Politik und Religion an der Universität Luzern.
Um diesen Missstand zu beheben bauten Liedhegender und Anastas Odermatt an der Universität Luzern eine neue Datenbank auf, die erstmals die Religionszugehörigkeit in allen europäischen Ländern vergleicht und darstellt. Im Rahmen des Forschungsschwerpunktes «Religion und gesellschaftliche Integration in Europa» entstand die «Swiss Metadatabase of Religious Affiliation in Europe (SMRE)».
Die Forscher trugen dafür 30 verschiedene statistische Quellen aus 42 europäischen Ländern zusammen. Um die Daten möglichst gut miteinander vergleichen zu können, wurden acht Kategorien religiöser Zugehörigkeit definiert: Katholiken, Protestanten, Orthodoxe, weitere Christen, Juden, Muslime, keine Religionszugehörigkeit und Sonstige.
«Die Datenqualität ist sehr unterschiedlich», so Liedhegener. Nur in gut der Hälfte der europäischen Länder sind einigermassen verlässliche Daten verfügbar. In sieben Ländern, darunter Frankreich und Grossbritannien, sei die Datenlage so widersprüchlich, dass man keine klare Aussage treffen könne.
Die Auswertung der Zahlen ergab, dass in der Mehrheit der europäischen Länder einzelne religiöse Gruppierungen dominant sind, das heisst, es zählen sich jeweils mehr als 60 Prozent der Bevölkerung zu ihnen. Die religiöse Pluralisierung ist somit zumindest auf dem Papier noch nicht allzu weit fortgeschritten.
Rund drei Viertel Europas ist weiterhin christlich geprägt. «Hier zeigt sich der lange Schatten der Geschichte der konfessionellen Ausdifferenzierung im Mittelalter und der frühen Neuzeit: eine Geschichte, die selbst nach den Umbrüchen zweier Weltkriege und dem Ende des Kommunismus in der religiösen Landschaft noch gut sichtbar geblieben ist», lautet die Erklärung der Forscher.
In 17 Ländern weisen die Katholiken eine Bevölkerungsmehrheit auf, in sieben Ländern Orthodoxe, in jeweils fünf Ländern dominieren Protestanten beziehungsweise Muslime. Estland und Tschechien sind die zwei Länder, in denen die Religionslosen den grössten Bevölkerungsanteil stellen. Nur fünf europäische Länder, darunter die Schweiz, gelten als pluralisiert: das heisst, zur Mehrheitskonfession in der Schweiz zu den Katholiken zählen sich mehr als 35 aber weniger als 60 Prozent der Bevölkerung.


Zum Bild: Kirche neben Moschee in Mannheim.

Annette Meyer zu Bargholz

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