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Flotte Bienen im Lukasgarten

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01.01.2016
Die Honigbienen erobern die Städte. Mitten in der Luzerner City, im Garten der Lukaskirche, stehen sechs Bienenstöcke.

Der Herr der Stadtbienen braust mit einem alten Militärtöff auf den Parkplatz der Lukaskirche. Luki Riechsteiner, 31, Gärtner und Imker macht den wöchentlichen Kontrollbesuch bei seinen Bienen. Mit silbernen Ringen in Nasenflügeln und Ohren und Tätowierungen auf den Händen entspricht er nicht gerade dem klassischen Bild von einem Imker. Doch die Imkerei erfüllt längst nicht mehr das Klischee vom «Altherren-Hobby». Imkern ist «in».
Bereits seit einigen Jahren erobern Bienen Gebiete, in denen man nicht mit ihnen rechnen würde: Grossstädte. Ob New York, Paris oder Berlin überall halten sogenannte Stadtimker inzwischen Bienenvölker. Der Trend hat mittlerweile auch Luzern erreicht. Ende März 2012 bezogen die ersten vier Völker mit rund 80'000 Mitgliedern ihr Domizil im Garten der Lukaskirche in der Luzerner Innenstadt, flogen eifrig aus und sammelten Nektar, aus dem dann feiner Honig wurde. Dieses Frühjahr stellte der Imker dort darum gleich sechs rote Bienenstöcke auf.

Stadt als Paradies für Bienen
«Bienen fühlen sich in der Stadt sehr wohl», erklärt Luki Riechsteiner. Was den Laien erstaunt, kann der Imker ganz einfach erklären. Bienen sind stets auf der Suche nach Futter und auf dem Land richtet sich der Speisezettel oft nach der kurzen Blütezeit der vor Ort vorkommenden Pflanzen und Bäume. Dann ist das Nektarfenster geschlossen. Wenn, wie in Luzern, ein Park und viele bepflanzte Balkone und Dachterrassen in der Nähe der Bienenstöcke liegen, dann ist der Tisch bei einem Radius von drei Flugkilometern über Monate reich gedeckt. Es gibt es genug Nahrung für alle. Das ist wichtig, denn bis zur Sommersonnenwende am 21. Juni werden die Völker noch grösser und nehmen danach wieder ab.
Noch einen Vorteil hat das Stadtleben: Hier werden die Pflanzen weniger oder gar keinen Pflanzenschutzmitteln ausgesetzt und es ist zwei bis drei Grad wärmer als auf dem Land.
Auch das Zusammenleben von Menschen und Bienen klappt gut. «Bisher habe ich nicht gehört, dass jemand unserer Mitarbeitenden im Garten oder im Büro gestochen wurde», freut sich Lukas-Pfarrerin Heidi Müller. Als vergangenes Jahr die Anfrage des Imkers kam, ob er seine Bienenstöcke im Garten aufstellen dürfe, war das Lukasteam zwar offen für das Experiment. Doch sei man auch neugierig gewesen, ob und wie das enge Miteinander funktionieren kann. Die Stöcke wurden im hinteren, weniger genutzten Teil des Gartens aufgestellt. Die Einflugschneise legte der Imker bewusst zur Strasse und nicht Richtung Sitzplatz an.
«Die Resonanz ist überwältigend, damit haben wir gar nicht gerechnet», erzählt Heidi Müller. «Viele Gemeindemitglieder und auch Passanten sprechen uns an und berichten, wie gern sie die Bienen beobachten. Manche vermuten im Honig sogar besonders heilende Kräfte aufgrund der Nähe zur Kirche», erzählt die Pfarrerin.
15 bis 20 Kilo Honig produziert ein Bienenvolk pro Jahr. Angst vor aus der Stadtluft aufgenommenen Schadstoffen brauche dabei niemand dazu haben, beruhigt der Imker. «Die Bienen benutzen ihren Körper als natürlichen Filter», erklärt Riechsteiner. Die Bienen reinigen Pollen und Nektar so, dass die Rückstände nicht in den Honig kommen.

Rätselhaftes Bienensterben
«Für mich ist es selbst der Hammer, dass das Imkern in der Stadt so gut klappt», freut sich Riechstei­ner. Doch bei aller Freude, die das Imkern macht die Bienenwelt ist nicht mehr heil: Seit Jahren klagen Imker über ein rätselhaftes Bienensterben. Der preisgekrönte Dok-Film «More than honey» machte das Problem kürzlich einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich. Im Winter 2012 ist fast die Hälfte aller Schweizer Bienenvölker eingegangen. «Die Bienen sind als natürliche Bestäuber wichtig für das Leben auf der Erde, wir sollten gut auf sie achten», so Riechsteiner. «Ich möchte meine Bienen darum nur dort halten, wo sie es schön und die Menschen auch Freude an ihnen haben.» Dafür stehen die Zeichen rund um die Lukas­kirche sehr gut.




Bienen im Gottesdienst
In der Lukaskirche findet am Sonntag, 23. Juni, 10 Uhr, ein Sing- und Tanzgottesdienst mit dem Titel «Von Bienenflügeln und afrikanischen Trommeln» mit anschliessendem Bienenapéro statt. Dort besteht die Gelegenheit, mit Imker Luki Riechsteiner ins Gespräch zu kommen.
Der Lukas-Honig ist in der Holzwerkstatt Ottiger, Habsburgerstrase 20, Luzern, erhältlich.



Zum Bild: «Die Bienen fühlen sich in der Stadt sehr wohl»: Imker Luki Riechsteiner. | Anderhub

Annette Meyer zu Bargholz

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