Die ökumenische Hoffnung ist abgefahren
Am Bahnhof Dübendorf steht ein Bus. Eine Haltestelle seiner Linie heisst «Hoffnung». Jene Hoffnung, mit der viele sich auf den Weg nach Gfenn in die Lazariterkirche gemacht haben, denn dort hat die Tisch-Gemeinschaft «Symbolon» eine Abendmahlfeier mit Interzelebration angekündigt so, wie sie bisher im Stillen schon seit mehreren Jahren zu Mittsommer gefeiert wurde: Reformierte, Römisch-Katholiken und Orthodoxe an einem Tisch. Doch der Bus in Dübendorf nach Gfenn fährt, als ob es ein Zeichen, ein Symbol(on) gewesen wäre, just in die andere Richtung von der «Hoffnung» weg.
Die ersten Lieder in der kleinen Kirche, wo sich rund 150 Menschen und viele Medien versammelt hatten, waren gerade verklungen, als Pater Willi Anderau verkündete, dass er und Pater Joseph Bruhin nur als Gäste teilnähmen aus Rücksicht auf eine Delegation von Bischöfen, die in heikler Mission im Vatikan erwartet werde. Auch der orthodoxe Mitbruder hatte sich abgemeldet, weil die Kirchenleitung ihm eine Teilnahme untersagte. So feierten schliesslich drei reformierte und ein lutherischer Pfarrer das Abendmahl nach der Lima-Liturgie.
Das Kirchenvolk meldete sich indes mit Empörung und Unverständnis zu Wort. Eine Dame wollte die Halbheit nicht hinnehmen und verliess die Kirche, ein Herr wähnte sich im falschen Film. Das Murren war nicht zu überhören, die Enttäuschung gross, sogar von Verrat war die Rede.
Entscheid respektieren
«Ich würde nicht von Verrat sprechen, auch wenn ich die Enttäuschung über die Entscheidung der beiden römisch-katholischen Priester und vor allem über die sehr kurzfristige oder sogar nachträgliche Kommunikation sehr gut nachvollziehen kann», äussert sich der reformierte Pfarrer Roland Diethelm, der das Abendmahl mitfeierte. Diethelm weiter: «Dies war der Gewissensentscheid der beiden Priester. Ich kann ihn aus den erwähnten Gründen verstehen. Beide sind meines Wissens bereit, mit ihrem Gewissen selbst der römischen Obrigkeit zu widerstehen, wenn es denn sinnvoll ist.» Seine Bedenken hatte im Vorfeld auch der Kirchenratspräsident der Reformierten Landeskirche des Kantons Zürich, Michel Müller, angemeldet.
Hätte die interkonfessionelle Abendmahlfeier in Basel stattfinden können? Wohl kaum. Lukas Kundert, Kirchenratspräsident der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt teilt die Ansicht seines Zürcher Kollegen, wenn er sagt, «dass die Evangelisch-reformierte Kirche Basel-Stadt mit Respekt vor den Traditionen der anderen Konfessionen von Interzelebration oder Conzelebrationen bei Abendmahlsfeiern absieht.» Der Bus Richtung «Hoffnung» ist längst abgefahren.
Zum Bild: Kapuzinerpater Willi Anderau gibt bekannt, dass er und Jesuitenpater Josef Bruhin nur als Gäste an der Abendmahlfeier teilnehmen, was bei den Gläubigen Empörung und Unverständnis auslöste. |Walter Bieri, keystone
Franz Osswald
Die ökumenische Hoffnung ist abgefahren