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Bühne frei für die Integration

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01.01.2016
Kinder aus asylsuchenden Familien oder mit Migrationshintergrund spielen gemeinsam mit Schweizer Kindern Theater. Das Projekt «TheaterFlucht» machte Station in Luzern.

Aus dem Keller des Kirchenzentrums Littau schallt laute Popmusik. Kinder laufen durch die Gänge. Auf der Bühne des grossen Saals stapelt eine Gruppe Buben aus weissen Papiertüten gebastelte Steine zu Türmen. Ein Mädchen mit lockigen Haaren übt im Foyer eine Melodie auf der Blockflöte. Folgt man der Musik in den Keller, sieht man dort die achtjährige Madusha zusammmen mit sechs anderen Mädchen immer wieder eine Tanzszene proben.
Madusha kommt aus Sri Lanka und Hip-Hop und Tanzen sind ihre grossen Hobbys, wie sie erzählt. Sie ist eines von 30 Kindern zwischen 8 und 13 Jahren, die am Projekt «TheaterFlucht« des Service Civil International (SCI) in Luzern teilnehmen. Kinder von asylsuchenden Migranten und solchen mit einer Aufenthaltsbewilligung verbringen zusammen mit Schweizern eine Herbstferienwoche, um gemeinsam ein Theaterstück einzustudieren. Begleitet werden sie dabei von Freiwilligen des SCI sowie von der Theaterpädagogin Maria Gallati und der Künstlerin Eva-Maria Pfaffen.
Projektleiterin Barbara Müller bereitet derweil in der Küche das Znüni vor: Die gemeinsamen Mahlzeiten sind ein wichtiger Teil des Projekts. «Was gibts zum Zmittag?», will ein Mädchen wissen. Nach der Antwort «Pizza» schliesst sie sich zufrieden nickend wieder ihrer Gruppe an. «TheaterFlucht» ist für die jungen Teilnehmenden auch eine kleine Flucht aus ihrem prekären Alltag. Doch was nützt ihnen diese «Flucht» und was können sie nach der Woche in ihren Alltag mit zurücknehmen? «Zuallererst mal die Freude und ein gutes Erlebnis», hofft Barbara Müller. «Es ist gut für ihr Selbstwertgefühl, wenn sie spüren, dass sie auch ohne perfekte Sprachkenntnisse etwas Tolles durch Tanz, Akrobatik oder Spiel beitragen können.»

Positive Kontakte
Die Kinder, die mit ihrer Familie vor Not, Armut und Krieg geflüchtet sind, verbringen während des Asylverfahrens oft Monate in Durchgangszentren. Wenn der Asylentscheid positiv ausfällt, bleiben sie in der Schweiz. Damit die Zwischenzeit nicht sinnlos verstreicht, versucht der SCI bereits hier positive Kontakte zwischen Asylsuchenden und Schweizern herzustellen.
«Von Vorurteilen ist zwischen den Kindern nichts zu spüren«, berichtet die 28-jährige Michaela aus Tschechien. Sie ist eine der zehn internationalen Freiwilligen des SCI, welche die Kinder während der Woche begleiten. In ihrer Heimat hat sie gerade ihr Studium in «Internationalen Beziehungen» abgeschlossen und möchte nun praktische Erfahrungen mit Asyl- und Flüchtlingspolitik im Ausland sammeln. So wie sie selbst, sprechen fast alle Teilnehmenden in Luzern recht gut deutsch, sodass es mit der Verständigung klappt. «Musik und Tanzen sind auch eine Sprache», ergänzt die 18-jährige Jacqueline aus Küssnacht. Auch sie hilft während ihres Zwischenjahrs freiwillig beim SCI-Projekt mit.

Lampenfieber ist international
Im Keller klappt der Tanz mittlerweile recht gut. Er wird am Ende der Woche in das von den Kindern selbst ausgedachte Stück «Der Schatz der Kinder» eingebaut. Die elfjährige Joelle aus Nottwil und die gleichaltrige Meriem, deren Familie aus Algerien stammt, gestehen sich in der Pause, dass sie vor dem grossen Auftritt vor den Eltern, am Ende der Woche, doch ein bisschen nervös sind. Auch Lampenfieber ist international.


Zum Bild: Kleine Fluchten
Das Projekt «TheaterFlucht» der Friedensorganisation Service Civil International findet in diesem Jahr neben Luzern in acht weiteren Schweizer Städten statt. Während einer Woche können sich Kinder von Asylsuchenden, Kinder mit Migrationshinter-grund und Schweizer Kinder in die Welt des Theaters «flüchten».
In Luzern wurde die Aktion von «trau fremdem», einem Projekt der Luzerner Landeskirchen, unterstützt und soll Kirchgemeinden und Pfarreien zur Nachahmung anregen.

Annette Meyer zu Bargholz

Links:
Weitere Infos: http://www.traufremdem.ch/das-projekt/

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