Baselland, Basel-Stadt, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Uri, Zug

Gegenwind aus den Kantonen

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01.01.2016
Die neue Verfassung, die der Schweizerische Evangelische Kirchenbund vorstellte, droht zu scheitern. Ein geistliches Leitungsamt entspreche nicht der reformierten Tradition, kritisieren viele Kantonalkirchen. Andere sehen im Prozess auch eine Chance.

Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund, SEK, soll zur Evangelischen Kirche in der Schweiz, EKS, werden. Mit dem neuen Namen und einer neuen Verfassung sollen die Reformierten auf Schweizer Ebene eine stärkere Stimme erhalten. Mit diesem Ziel hat der SEK einen Verfassungsentwurf in die Vernehmlassung geschickt, die Frist läuft Ende Monat ab.
Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass ein Grossteil der Kantonalkirchen die Vorlage ablehnt. Die Kirchenleitungen begrüssen grundsätzlich das Anliegen des SEK, stärker in der Gesellschaft und in den Medien aufzutreten. Die reformierten Kirchen sollten deshalb näher zusammenrücken und den SEK stärken, um dem Bedeutungsverlust und den schwindenden Mitteln zu begegnen, sind sich die Kantonalkirchen einig.
Ansonsten stösst die neue Verfassung weitgehend auf Ablehnung. So in den Vernehmlassungsantworten der Kantonalkirchen von St. Gallen, Aargau, Luzern, Schwyz, Solothurn, Zürich und Bern. Der Entwurf gehe etwa von einem deutlich sichtbaren geistlichen Leitungsamt aus. Das widerspreche reformierter Tradition,
schreiben etwa die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn. «Wir brauchen weder ein Bischofs- noch ein Lehramt, noch ein Glaubensbekenntnis», lautete der Tenor in den Synoden. Lediglich der Kirchenrat Basel-Stadt befürwortet die vorgeschlagene Leitungsstruktur. Die Bezeichnungen «Bischof», «Antistes» oder «Präses» stellen für die Basler kein Problem dar. Eine solche Amtsbezeichnung entspreche der kirchlich begründeten Struktur. Die Bezeichnung Präsident, mit der der heutige Amtsinhaber Gottfried Locher tituliert wird, entstamme dem politischen und wirtschaftlichen Leben.

Kritik aus Schaffhausen
In vielen Punkten kritisch lautet auch die Antwort des Schaffhauser Kirchenrates auf die Vernehmlassung. Für Kirchenratspräsident Frieder Tramer ist der Prozess aber deshalb nicht gescheitert. «Es ist eine Chance, dass man jetzt erkennt, wo die Schwierigkeiten im Blick auf eine grosse gesamtschweizerische Struktur liegen», sagt Tramer. Das grösste Problem seien die unterschiedlichen Grössen der Kantonalkirchen und wie dies auf der gemeinsamen Plattform zur Geltung kommen könne. Auch der Vorschlag eines Vereins neben der Synode stösst beim Schaffhauser Kirchenrat auf Ablehnung.
Die zweite wichtige Frage sei, welche Kompetenzen die Kantonalkirchen an den SEK abtreten sollten. Eher für ein «Scheinproblem» hält Tramer die Diskussion über Bischof oder Präsident. Wichtiger als der Name seien die Kompetenzen, die man diesem Amt zuordne. Er ist auch der Meinung, dass mit der Feststellung im Entwurf, das Präsidium sei ein «geistliches Amt», der Präsident oder die Präsidentin nicht notwendig ein Theologe oder eine Theologin sein müsse.

Kirchen wollen SEK stärken
An der letzten Abgeordnetenversammlung des SEK, die Mitte November tagte, war das Geschäft erneut heftig umstritten. Der Zürcher Kirchenratspräsident Michel Müller schlug vor, die Bildung einer Kommission für die Verfassungsrevision zu streichen, denn es sei damit zu rechnen, dass diese ihre Arbeit nie aufnehmen könne. SEK-Ratsmitglied Peter Schmid entgegnete, man solle das laufende Verfahren nicht zu schnell verurteilen. Alle bisher eingegangenen Stellungnahmen unterstützten eine Stärkung des Kirchenbundes. Die Diskussion dürfte weitergehen.



Kirche neben Verein
Ein weiterer zentraler Punkt in der Kritik der Kantonalkirchen ist die vorgeschlagene doppelte Struktur von Kirche und Verein. Neben der nationalen Synode soll ein Verein nach Privatrecht stehen, der für die Finanzierung der EKS zuständig sein soll.


Zum Bild: An der Abgeordnetenversammlung des Kirchenbundes Mitte November in Bern wur-de der Vernehmlassungsprozess von Kritikern als gescheitert erklärt. | SEK/Pfander

Tilmann Zuber/HE

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