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«..., als ob ich zu Hause angekommen wäre»

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01.01.2016
Mit Frank Lorenz wird ein Seelsorger neuer Co-Leiter der Offenen Kirche Elisabethen, dessen Lebens- und Glaubenserfahrung auf das Konzept der Citykirche wie zugeschnitten ist.

Mit einem freundlichen «Guten Morgen» begrüsst Frank Lorenz einen Besucher in der Elisabethenkirche und lächelt verblüfft über sich selbst: «Ich begrüsse die Leute schon, obwohl ich noch gar nicht hier arbeite.» Ehrenamtlich jedoch arbeitete er immer wieder mit, seitdem die Offene Kirche in den späten Achtzigerjahren begonnen hatte. Der Reinacher Theologe und Journalist meint: «Ich fühle mich hier schon irgendwie zu Hause.» Das wird verständlich, als Lorenz von seiner Jugendzeit zu berichten beginnt. Aufgewachsen ist der neu gewählte Co-Leiter der Offenen Kirche Elisabethen in einer Citykirche in Nürnberg, dem LoLa (Lorenzer Laden) an der Nürnberger Hauptkirche St. Lorenz. Dieses spirituelle Citykirchen-Projekt für junge Erwachsene war als Basisgemeinde organisiert: Ein «offener, lebensfreudiger Ort, an dem die Seelsorgenden und vor allem die zumeist 20- bis 40-jährigen Gemeindemitglieder eine ansteckende, authentische Spiritualität lebten. Noch heute gibts das LoLa mit einem Drittweltladen und Café zur Strasse hin und der Ladenkapelle im Obergeschoss.» In dieser Zeit bildete sich die religiöse DNA von Frank Lorenz: eine starke biblische Fundierung, der Zusammenhang von Leben, Glauben und Politik, die Kreativität und die Experimentierfreude. Seitdem zählt der Lutheraner Andreas Ebert zu seinen theologischen Impulsgebern und der US-amerikanische Franziskaner Richard Rohr wurde zum geistlicher Mentor.

Ordination in der Elisabethenkirche
Als spirituellen Trendscout schickte ihn die Nürnberger Basisgemeinde Mitte der Achtzigerjahre nach Basel, um die diakonische Kommunität Friedensgasse kennen zu lernen. Dort lernte er auch das Projekt «Offene Kirche» von Felix Felix kennen. Es wurde Lorenz klar: Er würde sein Theologiestudium in Basel fortführen. Von Theophil Schubert wurde er 1994 ins Basler Ministerium aufgenommen. Sein Vikariat machte er in der Stephanusgemeinde. Im November 1996 wurde er in der Elisabethenkirche zum Pfarrer ordiniert. Die heutige Offene Kirche Elisabethen muss muss ihn schon damals fasziniert haben, galt seine erste Zeit als Pfarrer doch der Leitung des Projekts «Alternative Lebensweisen».
Zwei Jahre später bot sich auch ihm selbst eine Alternative: Im Journalismus bei der Reformierten Presse in Zürich. Erfahrungen auf diesem Gebiet hatte er bereits gesammelt, als Schweiz-Korrespondent für das Radio Deutschland Sender Kultur in Berlin und als Kommunikations-Beauftragter für die Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige Baselland an der Heuwaage.
Berufsbegleitend absolvierte Frank Lorenz am Medienausbildungszentrum MAZ in Luzern die Diplomausbildung Journalismus und einige Jahre später noch einen Master of Business Administration in Berlin. Doch danach kam es anders, als er es erwartete.

Scheitern und Neubeginn
«Das Leben brach ein», erzählt Lorenz: «Eine langjährige Beziehung scheiterte krachend und Pläne für eine Selbstständigkeit floppten. Haushaltsauflösung. Wohnungswechsel. Gesundheitsprobleme. Geldsorgen. Neubeginn. Ein guter Freund gab mir Obdach und half mir auf die Beine.» Eine Chance eröffnete sich unerwartet aus einem ehrenamtlichen Engagement: Im Gundeli unterrichtete Lorenz Kinder und Jugendliche, meist mit Migrationshintergrund, in Selbstwahrnehmung und Kampfkunst. Er erhielt darum eine Stelle im uniformierten Dienst eines Sicherheitsunternehmens. Fast gleichzeitig traf er seinen heutigen Lebenspartner: «Mit ihm zog das Glück in mein Leben wieder ein.»
Zurück auf den kirchlichen Weg führte ihn eine Vertretung in Münchenstein. Einige Monate später wählte ihn die Kirchgemeindeversammlung der Nachbargemeinde
Reinach zu ihrem Seelsorger. Alles weitere ist schon fast wieder Geschichte: Sieben Jahre ist Lorenz dort und hat mit der Kirchgemeinde an einem zukunftsgerichteten Kirchenentwurf gearbeitet. «Bis Ende August darf ich die Gemeinde noch begleiten. Per 1. September öffnet das neue Kirchgemeindezentrum am Mischeli mit seinem grosszügigen Jugendbereich, einem attraktiven Raumangebot zum Mieten und einem Kirchencafé.» Die Analogien und Übergänge zwischen dem bisherigen und dem neuen Arbeitsort sind wohl nicht zufällig. Es schliessen sich Kreise für Lorenz: In jener Kirche, in der ihn Georg Vischer mit dem Bibelvers «Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein» vor 18 Jahren ordinierte, findet er wieder, was ihn vor fast 30 Jahren zum Theologiestudium motivierte. Ein anderer Bibelvers steht im Grundsatzpapier seines neuen Arbeitsorts: «Ich bin gekommen, damit ihr das Leben in Fülle habt.» Aber auch dies: «Das Leben ist geprägt von Ambivalenz.» Frank Lorenz hat beides am eigenen Leib erfahren: Lebensfülle und Ambivalenz, Erfolg und Glück, Scheitern und Neubeginn. Kein Wunder also, dass er in der Offenen Kirche Elisabethen in gewisser Weise zu Hause angekommen ist.

Franz Osswald

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