Baselland, Basel-Stadt, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Uri, Zug

«Menschen zusammenbringen, ist mir am wichtigsten»

min
01.01.2016
Pfarrer Hans Dürr wurde für seine Tätigkeit als Konzertorganisator mit dem Ambassador-Preis geehrt. Noch wichtiger als Konzerte ist ihm die Kultur der Begegnung.

Im Pfarrhaus von Hans Dürr geben sich an diesem Tag Journalisten die Türklinke in die Hand. Der Grund für das Medieninteresse: Der Pfarrer aus dem Reiat ist vom Ambassador Club Schaffhausen mit dem Ambassador 2014 geehrt worden. «In Anerkennung seiner Leistung als freiwilliger Konzert- und Kulturorganisator in der Kirchgemeinde Lohn-Stetten-Büttenhardt», schreibt der Club. «Ich fiel aus allen Wolken, als ich das Telefon erhielt», sagt der Preisträger mit den wilden grauen Locken, der Brille und dem Bart.
Man glaubt ihm die Bescheidenheit. Dabei hat Hans Dürr die Kirche Lohn zu einem Konzertort mit Ausstrahlung gemacht. Die irische Folksängerin Cara Dillon etwa oder der Folkrock-Sänger Barry McGuire, dessen Protestsong «Eve of Destruction» um die Welt ging und in Kürze wieder Maria Solheim, die norwegische Songwriterin mit der faszinierenden Stimme treten im Reiatdorf auf. Das sind Künstlergrössen, die sonst Säle in Metropolen füllen. Er habe einfach ausprobiert, ob er sie auch nach Lohn holen könne, sagt der Pfarrer mit dem grossen Faible für Folk und Songwriter-Musik. Die Künstler und Künstlerinnen beherbergt Hans Dürr selber, im Pfarrhaus. Manchmal logieren sie auch bei Gemeindemitgliedern. «Sie schätzen die freundschaftliche Atmosphäre.»

Legendärer Mittagstisch
Aber eigentlich sei das für ihn nur eine Nebensache. Denn worauf es ihm wirklich ankomme und worauf er stolz sei, sei das Zusammenbringen von Menschen. Als er 1997 von Basel nach Lohn gekommen sei, da habe er als ehemaliger Bauernbub aus einem kleinen westfränkischen Dorf gedacht: «Hier kennt sicher jeder jeden.» Fehlanzeige, merkte er bald. «Ich musste die Leute oft gegenseitig vorstellen.» So versuchte er, Kirche und Pfarrhaus zu einem Ort zu machen, wo sich Menschen treffen können. Legendär war über Jahre sein Mittagstisch am Freitag: Unter der Woche lud der Pfarrer rund zehn Leute, immer wieder andere, zu sich zum Essen ein. «Während ich schon lange wieder an der Arbeit war, redeten manche noch bis 15 Uhr», erzählt Dürr. Die hohe Zeit des Mittagstisches ist heute vorbei. Dafür treffen sich mehrere «Ess-Gruppen» im Pfarrhaus: Meistens Gruppen ehemaliger Konfirmanden, die hier einen Ort finden, sich weiterhin zu sehen und auszutauschen.
Jugendarbeit ist ein Schwerpunkt von Dürrs Arbeit. Beliebt sind seine Konfirmandenlager auf einem Campingplatz in Spanien. Oft stünden die angehenden Konfirmanden schon Wochen vor Beginn des eigentlichen Konfunterrichts vor seiner Tür und sagten: «Wir möchten auch ein gros-ses Lager.» Sie wissen, dass sie sich dann frühzeitig an die Arbeit machen müssen, um das nötige Geld zu verdienen. Hundert Bestellungen etwa erhalten Hans Dürr und seine Crew, wenn sie mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden in der Pfarrhausküche über tausend Canapés herstellen und im ganzen Reiat verkaufen.
Jetzt hat Hans Dürr einen Preis als «Ambassador», auf Deutsch: «Botschafter» erhalten. Fühlt er sich so? Das passe schon, findet er. «Ich verstehe mich als Botschafter an Christi Stelle.» Aber nur wenn nötig mit Worten, lieber lebe er die Botschaft des Evangeliums vor. So sei es ihm wichtig, am Leben der Gemeindemitglieder Anteil zu nehmen: Etwa, indem er an die Geburtstage seiner ehemaligen Konfirmandinnen und Konfirmanden denke, ihnen vor einer wichtigen Prüfung einen Ermunterungsbrief schicke oder sich erkundige, wie es bei der Lehrstellensuche gehe.



Ehrung
Am 25. Februar hat Hans Dürr im Park-Casino Schaffhausen den «Ambassador 2014» erhalten. Eine Auszeichnung für eine «Leistung, die als vorbildlich für die Mitmenschlichkeit und für die Verständigung unter Menschen über die Grenzen des eigenen Lebensraumes oder Lebensbereiches hinweg gelten darf». (Ambassador Club Schaffhausen)

Barbara Helg

Unsere Empfehlungen

Trotz-Kraft Ostern

Trotz-Kraft Ostern

Obwohl sie ihn zum Schweigen bringen wollten, lebt seine Botschaft weiter. Jesus ist auferstanden und wir sind seit 2000 Jahren mit der Trotz-Kraft von Ostern unterwegs. Rita Famos, Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, über die Aktualität der Osterbotschaft.
«Einer muss den ersten Schritt machen»

«Einer muss den ersten Schritt machen»

Der muslimisch-jüdische Dialog scheint seit dem Terrorangriff der Hamas schwierig. In Basel fand nun eine Premiere statt: Jüdische und muslimische Gläubige haben erstmals ihren Fastentag gemeinsam mit einem koscheren Essen beendet.