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Zwei rechts, zwei links Stricken für bessere Zukunft

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01.01.2016
Die Gewinner des Projektwettbewerbs der FrauenKirche Zentralschweiz stehen fest: Das «Café Maitri» in Stans und ein Handarbeitsprojekt in Srebrenica erhalten Startkapital.

Srebrenica mit dem Namen der Kleinstadt im Osten von Bosnien und Herzegowina ist das blutigste Massaker des Bosnienkriegs verbunden. 1995 ermordeten serbische Nationalisten dort mehr als 8000 muslimische Knaben und Männer. Die Gemeinde leidet noch heute unter den Nachwehen dieses Krieges: Die ökonomische Situation ist katastrophal, das Zusammenleben schwierig, die Arbeitslosigkeit liegt bei 80 Prozent.
Häkeln und Stricken sind für viele Frauen Möglichkeiten, die Eintönigkeit ihres Alltags zu durchbrechen und Geld zu verdienen. Deshalb bauen die Journalistin Renate Metzger-Breitenfellner aus Nidwalden und die Luzerner Grafikerin Luisa Grünenfelder zurzeit gemeinsam mit Schweizer Designerinnen in Srebrenica ein Handarbeitsprojekt auf.
Die Idee: In der Schweiz fertigen Designerinnen Prototypen an: Kinder- und Damenmützen, Stulpen für Tanz und Gymnastik, Socken, Schals, Häkelkörbchen. Wolle und Garn werden in der Schweiz eingekauft, nach Srebrenica transportiert, dort wird nach genauen Anleitungen gestrickt und gehäkelt, danach die Ware in der Schweiz verkauft.
Für Initiatorin Renate Metzger-Breitenfellner hat das Projekt einen doppelten Nutzen: «Zum einen können Frauen aus Srebrenica Geld für ihren Lebensunterhalt verdienen und erhalten zudem die Möglichkeit, als Frauen über religiöse und ethnische Grenzen hinweg gemeinsam etwas zu erreichen.» Zum anderen werde in der Schweiz die Bevölkerung durch den Verkauf der Handarbeiten für die immer noch prekäre Situation der Menschen in Bosnien und Herzegowina sensibilisiert und es werde, so ihre Hoffnung, auch das Verständnis für bosnische Migrantinnen gefördert.

Neun Projekte eingereicht
«Diese Idee ist preiswürdig», befand auch eine Jury der FrauenKirche Zentralschweiz. Der Verein nahm sein 25-Jahr-Jubiläum zum Anlass für den Projektwettbewerb «Den Traum zur Welt bringen». «Ziel war es aufzeigen, wo sich feministisches Theologieverständnis und gesellschaftliches Engagement verbinden», erklärt Vereinspräsidentin Claudia Küttel. Neun Projekte wurden eingereicht, zwei davon teilen sich den Hauptpreis von 9000 Franken: das Srebrenica-Projekt «Maschen für den Lebensunterhalt» und das «Café Maitri» in Stans.
Im Zentrum beider Projekte stehen traditionell handwerkliche Fähigkeiten von Frauen: Es wird gehäkelt, gestrickt und genäht. Doch beide Male geht es auch um gesellschaftliche, emanzipatorische und psychosoziale Aspekte: Das Srebrenica-Projekt gibt Frauen die Möglichkeit, mit dem Stricken und Häkeln zum Lebensunterhalt beizutragen. Das «Café Maitri», ein Projekt für Migrantinnen und einheimische Frauen, fördert den interkulturellen Austausch, den Spracherwerb und das gegenseitige Kennenlernen.

Kreativatelier für Frauen
Angesiedelt ist das «Café Maitri» in Stans, in Nidwalden. Die Psychologin Anette Lippeck hatte gemeinsam mit der Kinesiologin Regina Kohler und der Familienfrau Margit Rusch 2013 die Idee zu dem Projekt, dessen Name «Maitri» in der Sprache Sanskrit «Freundschaft und aufrichtiges Interesse» bedeutet. Gestartet wurde ganz klein in einer Privatwohnung. Heute treffen sich jeden Montagnachmittag bis zu fünfundzwanzig Frauen und acht Kinder für vier Stunden in einem Atelier, um gemeinsam zu stricken, zu nähen, zu häkeln oder Textilcollagen und Schmuckkarten anzufertigen. Dabei entstehen Gegenstände für den Privatgebrauch oder den Verkauf in privaten Netzwerken.
«Auch wenn die Verständigungsmöglichkeiten manchmal auf Zeichensprache beschränkt sind und die wiederholte Einladung, Deutsch zu sprechen und einzuüben, für einige noch eine echte Herausforderung bedeutet: Die Frauen sprechen und verstehen sich auf einer anderen Ebene, durch Blicke und Gesten», berichtet Anette Lippeck.
Viele Migrantinnen blühen durch den Kontakt zu anderen regelrecht auf: Die meisten hätten bisher sehr isoliert gelebt und freuten sich nun auf jeden Montagnachmittag, so Lippeck. Auch Drittpersonen meldeten bereits positive Veränderungen zurück: Die Migrantinnen wirkten selbstbewusster und glücklicher. Und auch der kleine Sohn einer Teilnehmerin, der im Atelier Bilderbücher anschaue, sei eifrig dabei: «Ich gehe Schule», so sein Kommentar.


Das «Café Maitri» sucht noch dringend eine gebrauchte Nähmaschine.
Kontakt: Anette Lippeck, Tel. 041 610 86 60,
E-Mail: anette.lippeck@bluewin.ch

Zum Bild: Strickt, um sich eine bessere Existenz aufzubauen: Alija aus Srebrenica. | zvg/Grünenfelder

Annette Meyer zu Bargholz

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